Lange lange hatte ich nun Zeit weiter zu beobachten und genauso
lange ist mir immer nur dasselbe ins Auge gesprungen. Ich dachte mir, dass ich
doch nicht immer über dieses Thema schreiben kann, doch nun wage ich es
trotzdem.
Ja es geht um unsere Generation, unsere Menschheit, ja
eigentlich die Welt generell – oder wie ich sie sie wahrnehme - wie sauber sie
doch um die eigene Achse dreht und wir braven Schäfchen bei jedem Hopp über den
Zaun springen.
Jeder geht zur Arbeit – ja ohne Geld geht’s halt doch nicht
–, kommt nach Hause, trinkt sein Feierabendbier und geht dann noch etwas seinen
Hobbys nach. Jeder lebt in seinem Trott und mag nicht gross mehr investieren,
weder in neue Bekanntschaften noch in die grossen Träume, die mal da waren aber
nun halt einfach nur Träume sind. Wir haben ja gar keine Zeit dafür. Die
Leidenschaft fehlt an allen Enden – so dünkt es mich jedenfalls.
Auch ich habe bemerkt, dass ich mich in meiner Leidenschaft habe
einschränken lassen. Ich war immer ein Mensch der kein Blatt vor den Mund genommen
hat und seine Gefühle, besonders anderen Menschen gegenüber, rausschrie damit
sie aus meinem System raus waren und somit Platz für neue Gedanken und Gefühle
entstand.
Letztens jedoch habe ich begonnen, mich zurückzuhalten. Hey
wenn jeder sagt, ich soll mal chillen und nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen,
dann wird da wohl was dran sein oder… Und auf die Schnauze gefallen bin ich ja
auch oft genug damit…
Nun ja leider bin ich jetzt noch verwirrter als sonst und
sage im angeheiterten Zustand sogar Dinge, für die ich mich Ohrfeigen könnte, da
sie nicht meinem Denken entsprechen und das nur, weil ich zum Angsthasen
geworden bin – ja we alli säge i söll net... Mir fehlt mein Feuer, auch wenn es
manchmal nur von sehr kurzer Dauer war aber hey besser als nichts.
Warum bremsen wir uns überhaupt gegenseitig aus?
Wahrscheinlich ist es ja nur nett gemeint, doch sollten wir uns gegenseitig
nicht so sein lassen wie wir sind. Immerhin mögen wir ja gewisse Personen genau
eben weil sie so sind oder mögen sie eben deswegen nicht, was ja auch völlig in
Ordnung ist. Ich möchte jedenfalls das mich die Menschen für meine Art mögen,
mit allen Ecken und Kanten und nicht weil ich mich zurücknehme um ja niemandem
unangenehm zu werden.
Ist es einfach eine Frage der Zeit? Jeder folgt einer
allgemeinen Meinung davon wer und wie man zu sein hat. Wir plappern Propaganda
der Medien nach die unterschiedlicher nicht sein könnten, ohne uns eine eigene
Meinung zu bilden. Das wäre ja wieder ein unnötiger Zeitaufwand. Dadurch können
wir uns auch andere Optionen bequem offen lassen, nur so für den Fall. Man
hofft immer auf etwas Besseres, jedoch ohne Aufwand oder sich verpflichten zu
wollen.
Mein Vater hat immer gesagt „vo nüt chunnt nüt“ und das
haben heute immer noch viele Menschen nicht verstanden. Wir haben weder die
Weisheit mit Löffeln gefressen noch fliegen uns Jobs, Damen oder Herren oder
sonstige Dinge scharenweise zu ohne dass man seine Zeit, Kopf und Herz
investiert.
Auf dem Mühli in Thun sah ich vor kurzem eine ältere Dame, die
in einem weissen Tutu mit einem kleinen tragbaren Radio in aller Öffentlichkeit
Ballett tanzte. Und ja sie hatte trotz ihres Alters immer noch etwas graziles,
einen Stolz, auch wenn man merkte, dass nicht mehr alle Bewegungen fliessend
klappten. Manche Leute starten sie an und tuschelten über sie und wenn sie in
ihre Nähe tanzte senkten sie beschämt den Kopf. Ich war fasziniert von der
alten Dame. Wie sie einfach loslassen kann und ihrer Leidenschaft freien Lauf
lassen konnte, ich wünschte mir, ich hätte den Mut dazu!
In den sozialen Netzwerken liken wir regelmässig Videos von
Leuten, die auf der Strasse singen oder tanzen. Wenn jedoch hier in unserer
kleinkarierten, reservierten Schweizerwelt einmal jemand aus der Norm fällt ist
man irritiert und peinlich berührt – ich möchte hier noch gestehen, dass auch
ich zuerst etwas verdutzt geschaut habe, da ich die Dame zuerst nicht tanzen
sah sondern mich über ihren Kleiderstil wunderte.
Ich bitte alle da draussen, die den Mut haben geht raus und
lasst euch gehen. Unsere Welt braucht wieder Leidenschaft, Querköpfe und
Kreativität in aller erdenklicher Art und Weise. Vielleicht finde ja auch ich
noch den Mut durch den Regen zu tanzen!