Freitag, 6. März 2020

Von Senf, Mäusen und unserer menschlichen Arroganz – was hat Corona damit zu tun?

Irgendwie komm ich nicht drum rum, meinen Senf (sorry St. Gallen, ich mag Senf) trotz der ganzen Flut auch noch dazu zu geben.

Ich höre, lese und sehe seit dem Ausbruch des Corona-Virus hunderte von Verschwörungstheorien, Statusberichte und Updates aus dem Bundesamt für Gesundheit. Vornweg erst einmal: Ja eine Epidemie oder Pandemie ist und bleibt beängstigend und ist tragisch, da sie unser Leben einschränkt. Ich finde es durchaus auch verständlich und gut, dass der Bund Massnahmen ergriffen hat, um die Ausbreitung, welche jedoch nicht verhindert werden kann, zu verlangsamen und einzudämmen. Dass diese Massnahmen in meinen Augen etwas willkürlich und inkonsequent scheinen, spielt ansich keine Rolle, denn Ändern kann man es ja nun sowieso nicht mehr. Deswegen werde ich auf diesen Punkt auch nicht weiter eingehen.

Was mich hingegen beschäftigt, ist die Tatsache, dass man immer wieder darüber diskutiert, dass es sich dabei doch sicher um irgendeinen dämonischen Plan irgendeiner Regierung, der Pharmaindustrie oder von ausserirdischen Eidechsen handeln muss. Möglich? Klar. Wahrscheinlich? Naja...

Biologisch bzw. ökologisch gesehen, handelt es sich bei einem Virus, Parasiten, oder sonstige übertragbare Krankheit um einen biotischen Faktor in einem Ökosystem. An dieser Stelle eine kleine Geschichte einer Maus-Kolonie:
In einem Hügel neben einem Bauernhof lebt eine Mäusekolonie. Die Bäuerin, Frau Brand, hat eine riesengrosse Vorratskammer, bis oben gefüllt mit Leckereien. Leider ist Frau Brand auf Katzenhaare allergisch und bringt es nicht übers Herz, die kleinen Nager zu vergiften oder zu töten. Auch Raubvögel gibt es nicht viele wo Frau Brand wohnt. Nun können sich die Mäuse ohne grossen Aufwand in der Vorratskammer bedienen und vollfressen, bevor sie zurück in ihren Bau gehen um dann eine fröhliche Orgie abzuhalten. Ja sie mögen Sex genau so sehr wie wir Menschen, nur haben sie keine Verhütungsmittel. Da keine abiotischen Selektionsfaktoren (nennt sich so, frag Google) wie Katzen oder Raubvögel da sind, um die rapide wachsende Kolonie etwas in Schach zu halten, muss der Bau immer weiter vergrössert werden. Leider ist es sehr felsig auf dem Land von Frau Brand und der Bau kann bald nicht mehr weiter ausgebaut werden. Nun leben die Mäuse auf immer engerem Raum zusammen, was zu sozialem Stress führt, wodurch das Immunsystem der Mäuse geschwächt wird. Der Bau erzittert regelmässig und da Frau Brand mit samt ihrer Vorratskammer ausgezogen ist, wird die Nahrung knapp. Die Mäuse essen was sie kriegen. Eine Schnecke, welche ein schleimig köstliches Menu abgibt, war jedoch Träger eines Virus. Aufgrund des geschwächten Immunsystems, wird die kleine Maus A krank. Der mittlerweile viel zu enge Lebensraum und andere Faktoren sorgen dafür, dass der Virus in einer unwahrscheinlichen Geschwindigkeit von Maus zu Maus springt und die schwächsten unter ihnen dahinrafft. Bald ist wieder Platz im Bau und die Natur rund um den Bau kann sich auch wieder soweit erholen, dass die Mäuse wieder mehr Auswahl im Menuplan haben.
Doch was wäre passiert, wäre dieser Virus nicht da gewesen. Mehr und mehr wären es geworden, rund um den Bau wäre die Landschaft zerfressen und karg geworden. Hunger breitet sich aus, noch mehr Stress. Trotzdem wären immer mehr Mäuse geboren worden, bis schliesslich der Bau zusammengebrochen und genauso viele oder sogar mehr unter sich begraben hätte. Das Ökosystem «Mäusebau» wäre kollabiert.

Nun ich kann nicht beurteilen, ob wir im Ökosystem «Planet Erde» zu viele Menschen sind. Dazu fehlt mir ein Vergleichsmodell. Was ich hingegen bemerken will ist, dass die Verbreitung einer Krankheit ein biologischer und somit völlig natürlicher Verlauf in einem überlasteten Ökosystem ist. Da der Mensch keine natürlichen Fressfeinde hat und auch sonst nicht viel die Menschheit an ihrem rapiden Wachstum gehindert hat sowie der Mensch immer länger lebt, benötigt das Ökosystem «Planet Erde» einen anderen Weg um zu vermeiden, dass es kollabiert.

Weltweit gibt es viele übertragbare Krankheiten, welche tagtäglich Menschen dahinraffen lassen, jedoch ist die medizinische Entwicklung und Versorgung in ökonomisch erfolgreichen Gebieten der Erde so gut, dass dies gerade dort zu wenig wahrgenommen wird. In ärmeren Ländern ist was wir momentan mit dem Corona-Virus erleben beinahe an der Tagesordnung.

Wir hier können uns fast alles kaufen was wir wollen, haben genug zu essen und haben eine ausgezeichnete medizinische Versorgung. Dies ist einem fiktiven Betrag auf so manchem Bankkonto unserer Staaten zu verdanken. Mit dieser Nummer können wir uns in unseren Breitengraden vor so manchem schützen. Das dumme nun ist, dass all dieses wunderbare Geld uns nicht vor einem Virus schützen kann. Der Virus sucht sich seinen Wirt nicht danach aus, ob er sich eine geile Karre kaufen kann oder Wasserquellen in halb Afrika. Der probiert überall und bereits geschwächte Menschen können auch daran sterben.

Aufgrund unseres doch eher komfortablen Lebens, dass längst schon bis zu hundert Jahren dauern kann, sind wir zu arrogant geworden um zu realisieren, dass das Leben am Ende tödlich ist und auch Dinge nebst dem Alter einem ebendieses Ende schneller bringen kann. Wir können nichts tun und sind hilflos. Möglicherweise wird ein Wirk- oder Impfstoff gefunden, aber bis dahin hilf alles Geld der Welt nichts.

Wir Menschen sind ein Teil eines riesigen Systems, genau wie jedes andere Lebewesen sind wir alle voneinander abhängig damit das System nicht kollabiert. Wir haben jedoch die Tendenz, uns über alle anderen Lebewesen zu stellen und uns in diesem System überall zu bedienen, ohne über mögliche Konsequenzen nachdenken zu wollen. Diese Arroganz lässt uns auch nicht akzeptieren, dass das fröhliche Weiterhüpfen der Viren eine logische und natürliche Konsequenz ist. Wir wollen dies jedoch nicht akzeptieren, da wir ja sonst eine Art Schuld tragen würden. Stattdessen suchen wir die Antworten in politischen Schachzügen, den apokalyptischen Reitern oder gar dem Teufel selbst und philosophieren über alle möglichen Verschwörungen, die es hier hätte geben können.

Naja, wenn man auf Märkten in einer überfüllten, stinkenden, staubigen Stadt nebst Fisch und Fleisch auch Fledermäuse im Essenangebot hat, liegt die wahrscheinlichste Erklärung des Corona-Virus wohl in der Tatsache, dass die mit etlichen Krankheitserregern befallenen Fledermäuse in Kombination mit nicht gerade hygienischen Umständen wohl nicht so leicht verdaulich war...

Hände waschen nicht vergessen!