Es gibt zwei Worte, die mich regelrecht in Rage versetzten, in
unserer Gesellschaft jedoch immer mehr verwendet werden: „wieso ich?“.
Ernsthaft sobald ich diese Worte höre, bin ich geneigt, mit meinem Arm weit
auszuholen, mein ganzes Gewicht in kinetische Energie umzuwandeln und das
Gesicht, dass zu diesen Worten gehört mit einer kräftigen Wasche zu versehen.
In unserer Welt der Selbstdarstellung ist es zu einem
Requisit geworden, sich selbst zu bemitleiden und so in den Mittelpunkt zu
stellen. Man hat ja nichts anderes zu bieten, denn man geht tagtäglich brav
arbeiten, leistet seinen Beitrag zur Gesellschaft und ist bereitwillig zum
Schäfchen der Gesellschaft geworden. Da darf man sich doch wenigstens darüber
beklagen, oder etwa nicht? Ja wegen seinem beschissenen Ex-Partner, der unfair
war, hat man kein Vertrauen mehr, die Eltern die einem zu wenig respektiert
haben, sind schuld, dass man heute Angst hat, jemandem die Meinung zu sagen und
der dumme Nachbar ist schuld, dass der eigene Rasen so ungrün wirkt. Man
jammert und beklagt sich über alles und jeden.
Dann kommt noch dazu, dass man einen Job hat, den man
scheisse findet, aber man muss ja den Job machen, denn man braucht das Geld. Und
ausserdem hat man ja eh immer nur Pech. Egal was ist, im Freundes- und
Bekanntenkreis geschieht das Schlimme immer nur einem selbst, als ob es das
Schicksal nicht gut mit einem meine.
Ich will wirklich niemanden beleidigen mit meinen Worten,
ich kann nur nicht verstehen, wie man sich mit allem einfach so abfinden kann.
Ist es die Faulheit, die einem dazu treibt, oder das im Mittelpunkt stehen
durch sein jammern? Ich habe schon öfters beobachtet, dass manche, sich lieber
damit beschäftigen, sich darüber Gedanken zu machen, was andere über einen
denken könnten und was hinter dem Rücken erzählt wird. Auch hier fokussiert man
sich dann lieber darauf immer wieder nachzufragen ob jemand was erzählt hat.
Auch hier verstehe ich nicht warum? Was hat man davon? Denkt man darüber nach,
was andere von einem halten oder sich erzählen können, zeugt das dann nicht
davon, dass man mit seinem eigenen Verhalten nicht zufrieden ist? Warum also
ändert man dann nicht einfach das Verhalten und geht weiter, ohne sich über
solche Leute Gedanken zu machen, die die Lästerei nur missbrauchen um ihre
eigenen Fehler zu vertuschen?
Haufenweise Zitate auf Facebook und anderen Social Network
Seiten blinken vor meinen Augen auf, deren Aussage dazu aufrufen, sein Leben in
die Hand zu nehmen und es zu leben. Ja mit Begeisterung werden diese Memes
gepostet und geliked, doch wer nimmt sie sich eigentlich zu Herzen. Werden sie
vielleicht einfach nicht verstanden?
Der Mensch hat über die Jahre gelernt, den Weg des
geringsten Widerstands zu gehen und seine Selbstverantwortung abzuschieben. Das
beginnt schon in der Schule, wo man doch gerne dem Lehrer für sein versagen
Schuld gibt, weil der einfach etwas gegen einen hat. Hunderte von Ausreden um nur
keine Selbstverantwortung übernehmen zu müssen begleiten uns dann unser ganzes
Leben lang. Jeder will ein Individuum sein, doch möglichst nichts dafür tun
müssen, in der Hoffnung, dass das Schicksal, oder sonst wer die Probleme für
einen lösen würde.
Zugegeben, es gab auch Tage, an denen ich auch zu Hause auf
der Couch gelegen habe und mich ein wenig selbstbemitleidet habe, weil es
gerade nicht so lief, wie ich das gerne in dem Moment gewollt hätte, doch diese
Tage kennt wohl jeder.
Ja es ist nicht einfach, sich seiner eigenen Fehler
anzunehmen und sich selbst beziehungsweise sein eigenes Verhalten zu ändern und
sich somit aus seiner Komfortzone zu bewegen. Veränderungen bringen immer etwas
ungewisses mit sich, was zu Angst führen kann, doch seine Ängste zu bekämpfen
und sein Leben so zu leben, dass man glücklich ist, ist doch eigentlich der
Sinn und Zweck des Ganzen. Das Leben hat nur eine Spielregel: es endet mit dem
Tod, so sollte doch das Ziel des Lebens sein, es zu leben und nicht, sich den
Gegebenheiten einfach hinzugeben, weil es halt nun mal so von der Gesellschaft
vorgelebt wird?
Meine Beobachtungen haben mich in meiner Annahme, dass eine
negative Einstellung, auch negatives Anzieht, bestätigt. Das Problem besteht
nicht nur darin, dass den Menschen, die immer mit dem schlimmsten rechnen, auch
mehr negatives erleben, sondern, dass sie durch ihre Einstellung das positive
im Leben gar nicht wahrnehmen können. Sie sind blind für das schöne im Leben,
für die tollen Dinge die ihnen wiederfahren und das Glück, dass sie haben. In
ihrer Welt sind sie der Pechvogel.
Jeder Mensch hat sein Köfferchen zu tragen, doch nicht jeder
schüttet es bei jeder sich bietenden Gelegenheit vor anderen Menschen aus, nur
um etwas Aufmerksamkeit zu bekommen und bemitleidet zu werden. Sind die Schicksalsschläge,
die man erlebt hat, die Fehler, die man begangen hat und die scheisse, durch
die man gewatet ist, dazu da, eine Lehre zu ziehen, zu reflektieren und dann
sein Leben wieder in die eigenen Hände zu nehmen? Wenn man das Gefühl hat, es selbstständig
nicht schaffen zu können, gibt es heute an beinahe jeder Kreuzung Hilfe, man
muss nur seinen falschen Stolz runterschlucken und darum bitten. Sei es bei
Freunden, Familie oder sogar professionellen. Doch tun muss man es! Es ist auch
keine Schande um Hilfe zu bitten, meiner Meinung nach zeugt es sogar von
Stärke, da man sich selbst eingesteht, dass es so nicht weitergehen kann und
man aus seinem Trott ausbricht um sein Leben neu zu gestalten.
Viele haben noch nicht begriffen, oder wollen es einfach
nicht, dass man niemand anderen als sich selbst für sein Versagen, für seine
Fehler, ja für sein Leben verantwortlich machen kann. Hat man das erst einmal
begriffen, beginnt man zu leben und hört damit auf, ständig Trübsal zu blasen
und sich mit Situationen zufriedenen zu geben, und im gleichen Atemzug darüber
zu zetern, wie scheisse alles ist. Man beginnt damit, Situationen zu ändern und
sich sein Glück selber zu schmieden.
Ja das Leben ist scheisse, aber nur solange man es scheisse
sein lässt. Mein Vater hatte dazu ein passendes – zugegeben etwas vulgäres –
Sprichwort: „Life is a bitch, but you’re gonna fuck her anyway!“, wie man sie
(die Schlampe, das Leben) nimmt, ist am Ende jedermanns eigene Entscheidung.
Doch um dies auch wirklich zu tun gibt es nur eine Möglichkeit: „Finger usem
Arsch und mache!“.