Ich erinnere mich noch gut an meine Jugendzeit, in der man
noch Raucherabteile im Zug hatte. Besonders unterhaltsam waren diese, wenn
einige Kiffer alles dafür gegeben haben, das Abteil mit so viel Rauch zu
füllen, dass man gar nichts mehr sah und nur noch das Lachflash der anderen
hörte.
Schon als Kind reisten wir häufig im Raucher, denn meine
Mutter sowie meine Tante, mit denen ich gelegentlich im Zug reiste, waren
damals passionierte Raucher. Der Gestank der Kleider war immer etwas, das mich
grüsselte. Heute gibt es jedoch manchmal Zeiten, in denen ich das Raucherabteil
vermisse. Man steigt nach der Arbeit hungrig in den Zug ein und der Typ
gegenüber vertilgt einen Dürüm mit extra viel Zwiebeln, dahinter chräschlets in
einer McDoof Tüte und die Dame am Ende des Abteils riecht wie eine Parfümerie.
Das duftgemisch führt manchmal beinahe zu Übelkeit. Im Raucher roch man nichts –
ausser natürlich den Rauch –.
Bereits morgens in der Früh habe ich das Glück, dass
manchmal ein torkelnder Alki mit seiner Hülse sich den Platz neben mir aussucht
- ob Frau oder Mann spielt an der Stelle keine Rolle, sie setzten sich einfach
nur gerne neben mich - um mit mir ein Gespräch zu starten. Schon die Bierfahne
haut mich fast vom Hocker und ich bemühe mich, so unauffällig wie möglich meine
Kopfhörer in meine Ohrmuscheln zu stossen und stelle mich schlafend, bei dem
Duft geh ich sowieso fast K.O..
Viele Düfte und Konsum verschiedener Genuss- und Suchtmittel
die sich in so einem Zügli versammeln. Die härte erlebte ich jedoch diese
Woche, als einige meiner Mitstudenten/innen und ich den Zug in Brugg betraten.
Wir gingen die Treppe hoch und hörten laut Musik. Der Typ, der die Musik
abspielte – noch über einen Diskman, was in mir eine fröhliche Melancholie
auslöste – fragte, ob uns die Musik störe und da es echt gute Musik war, haben wir
alle einstimmig verneint. Meine Kollegin und ich öffneten unser Bierli (wenn
wir schon beim Konsum sind) und wir begannen uns zu unterhalten. Auf einmal sah
ich im Augenwinkel eine kleine Rauchwolke über dem Abteil des Diskman-Anhängers
und ein Mitstudent drehte sich, da er in dessen Abteil blicken konnte.
Zuerst dachte ich, der raucht oder kifft, doch riechen
konnte ich nichts. Mein Mitstudent hielt sich das Tshirt vor die Nase und
sagte: „macht das passiv high?“. Ich fragte natürlich ob es denn ein Joint sei
oder was und nur so: „isch irgend öppis ire Alufolie“.
Wooow im Zug Crack rauchen, das hab ich echt noch nie
gesehen. Nun ja, andere im Abteil blickten zu uns und suchten unser Gespräch.
Wir lachten etwas irritiert über die Situation und amüsierten uns, der Herr
sagte nur, dass er grad fertig sei. Na dann ist ja alles OK...
Dann kam das Geräusch… schniiiiiiiiiiiiifffffffffffffffff…
ich blickte rüber und nun war er dabei sich was in die Nase zu ziehen. Eh ja
wemes brucht! Alle die dies mitbekommen haben waren nun am diskutieren –
natürlich haben sie alle gchüschelet, nicht damit er es noch hört -, ob das
denn wirklich sein Ernst sei. In Aarau stieg er aus, schade für die Musik aber
vielleicht besser für die verwirrten Zugfahrer. Aber ein Kompliment muss ich
dem Herrn dann doch machen, abgesehen davon, dass er einen echt guten
Musikgeschmack hatte, war sein Platz tiptop sauber, keine Spuren von Folie oder
Pulver oder sonst was, weder auf dem Sitz noch auf dem kleinen Tischli.
Wahrscheinlich war er so wired, dass er jedes noch so kleine Stäubchen gesehen
und weggeschnieft hat, das würde auch das energetische Schniefen erklären, dass
an einen Dyson-Staubsauger erinnerte. Ich freue mich jedoch nun noch mehr, dass
ich jeden Tag pendeln kann, ja sogar 2x die Woche bis Brugg (1½ Stunden), denn
so skurrile Erlebnisse begeistern mich immer wieder aufs Neue!