Jaja ich weiss, ich weiss, ich reite gern und viel auf dem
Thema der zwischenmenschlichen Beziehungen rum, doch es ist ja auch ein
spannendes Thema. Ausserdem sehe ich mich selbst sehr gerne als Cupido im
Glücksbärchi-Kostüm, der wie Mr. Burns auf Drogen ständig die Worte „ich bringe
euch Liebe“ vor sich hinmurmelt. So kommt’s wie’s kommen muss und dieser Text
befasst sich mal wieder mit der Gefühlswelt unserer Gesellschaft, genauer
gesagt mit einer bestimmten Emotion.
Gemäss Paul Ekman gibt es 7 Basisemotionen, die in allen
Ethnien gleichermassen anzutreffen sind: Freude, Trauer, Wut, Verachtung, Ekel,
Überraschung und Angst. Angst ist eine aktuell sehr allgegenwärtige Emotion,
die durch die Medien zu verschiedenen Themen Geschürt wird und sie löst die
unterschiedlichsten Reaktionen hervor. Angst vor Terror, vor wirtschaftlichen
Katastrophen oder Existenzängste...
Doch auch ohne mediale Einflüsse sind wir täglich mit
Ängsten konfrontiert. Ich zum Beispiel bin ein riesengrosser Angsthase.
Höhenangst, Angst vor dunklen Kellern, Gassen oder Wäldern, Angst davor nicht
gut genug zu sein oder davor verletzt zu werden. Gerade die letzten beiden Punkte
hängen zusammen und es kennt sie wohl jeder.
Die Angst davor verletzt zu werden löst, wie ich beobachtet
habe, bei vielen sehr interessante Verhaltensweisen beziehungsweise Selbstschutzmassnahmen
aus. Diese Angst zeugt mehrheitlich aus Erfahrungen, sprich man wurde bereits
einmal oder mehrmals in seinem Leben verletzt, was dazu geführt hat, dass man
sich beschissen fühlte und sich in negative Gefühle flüchtete. Diesen Zustand
versucht man nun um jeden Preis zu vermeiden, also muss ein Weg gefunden
werden, um Menschen nicht mehr zu nahe an sich ran zu lassen. Dazu gibt es
diverse Strategien, wovon mir drei am meisten aufgefallen sind.
Eine beliebte Methode, die sich mehrheitlich bei Männern
beobachtet habe, ist die, der coole, etwas arschige Aufreissertyp rauszuhängen.
Das gute an diesem Weg ist, dass Frauen auf diese Typen fliegen und man so
sogar noch sein eigenes Ego mit Bestätigung tränken kann. Um dieser Rolle treu
zu bleiben, versteht es sich von selbst, dass man keine tiefere Beziehung oder
Ähnliches eingeht und alles schön oberflächlich bleibt.
Eine weitere Strategie, die ich auch selbst schon öfters angewendet
habe, ist: Angriff ist die beste Verteidigung. Sobald man merkt, dass jemand
einem zu nahe kommt oder so, wirft man – viel zu früh – mit Kommentaren um sich
die viel zu ehrlich, persönlich und / oder zu gefühlsdusselig sind. Dies
schreckt die Mitmenschen sofort ab und sie gehen in die Defensive. Trifft man
hierbei auf Typen aus der ersten Kategorie, so betreiben diese in solchen
Situationen häufig „Ghosting“.
Auch auf den letzten Strategen wirkt die Flucht nach vorne
ausgezeichnet. Die Eismauer – ja fast wie bei Game of Thrones! Bei jeder
Handlung, die einem zu nahe geht, wird sofort abgeblockt. Man wechselt gekonnt
das Thema während einer Unterhaltung, weicht sonst irgendwie aus oder verstummt
komplett. Teilweise gibt man auch einfach nur schnodderige oder beleidigende
Kommentare von sich um auf schnellstem Weg aus der Situation zu gelangen und
den gewünschten Abstand zu gewinnen. Dadurch wirkt man auf Aussenstehende
häufiger etwas arrogant und unterkühlt, aber das macht ja auch nichts, da man
nähe sowieso meiden will.
Natürlich gibt es noch die ganz grossen Könner, die zwischen
den verschiedenen Strategien hin und her springen können, je nachdem wie das Gegenüber
am schnellsten auf Abstand zu bringen ist und das ultimative Schutzschild nicht
durchbrochen werden kann.
Doch wozu eigentlich der ganze Aufwand? Nur weil es damals
etwas wehgetan hat? Betrachtet wir es mal aus einem anderen Blickwinkel. Wie
viele Dinge, die auch „gefährlich“ sein können tun wir trotzdem regelmässig
ohne von Angst gehemmt zu sein? Schaut man beim Treppensteigen nicht gut hin,
kann das ganz böse Enden und jeder von uns ist sicher schon einmal oder mehr
die Treppe hoch- oder runtergefallen und trug einen Schaden davon. Trotzdem
benutzen wir tagtäglich angstfrei die Treppe. Um bei dieser Metapher zu
bleiben; manchmal muss man die Treppe erklimmen, obwohl am Ende dieser nicht
erfreuliches auf einem wartet. Mehrheitlich wartet am Ende der unzähligen Treppen
jedoch nichts weltbewegendes und manchmal da kommt es sogar vor, dass da was
ist, das uns ein Lächeln ins Gesicht zaubert, den Puls in die Höhe steigen
lässt und uns einfach nur glücklich macht. Und genau dieses Gefühl sollte es
doch Wert sein immer und immer wieder die Treppe zu erklimmen!?
Wieso also packen wir unsere Ängste betreffend unserer
Gefühlslage dann nicht in dieselbe Kiste wie die Angst, die Treppe
runterzufallen? Ist nicht ein berühmter Slogan: „No Risk, No Fun!“? Die meisten
Menschen wollen die Gefühle andere schliesslich auch nicht mutwillig verletzten
– zugegeben auch hier gibt’s Ausnahmen, die ich persönlich Arschgeigen nenne –
wieso verzichten wir dann auf die Möglichkeit, glücklich sein zu können.
Vielleicht nur einen kurzen Moment, ja nur einen Augenblick? Wäre das nicht wert,
seine Ängste in den Hintergrund zu stellen und mutig zu sein? Sich zu trauen
die Treppe weiter hochzugehen, immer und immer wieder, auch wenn nichts
weltbewegendes kommt oder man ab und zu stolpert? Ich jedenfalls bin bereit
dazu loszulaufen, denn ohne Risiko sich physisch wie psychisch zu verletzten
kann das Leben doch nicht spannend sein…