Freitag, 24. Februar 2017

For Sale – wir wollen alles und haben am Ende nichts


In einer Welt, in der jeder dem Fame nachrennt kommt es zu Diskussionsthemen, wo ich mich ernsthaft überlege, ob wir zu einem Volk befreit von Mitgefühl und Liebe geworden sind.
 
Aktuell läuft überall die Diskussion darüber, ob es OK ist, Wintermäntel und Mützen mit Echthaar-Fellbesatz zu kaufen oder nicht. Sorry, echt jetzt? Wir diskutieren darüber, ob es in Ordnung ist, ein Tier zu schlachten, dessen Fell wir für Modezwecke benötigen. Wir sind nicht mehr im Mittelalter, in dem das Tierfell dazu diente sich im Winter warm zu halten.  
Bilder von lebenden Hunden die ins kochende Wasser geworfen werden hindern nicht vorm kauf der ach so coolen Jacke. Würden die Tiere wenigstens gut gehalten und human – ob das Wort überhaupt noch etwas Gutes ist in unserer heutigen Zeit – hingerichtet um dann das Fleisch zu essen und das Fell als Abfallgut weiter zu verarbeiten, wie mit Rind, Schaf und Co.
 
Doch auch beim Fleischessen geht es heute nicht mehr ums Überleben. Das zweimal in der Woche Fleischkonsum ausreichen würde, um unseren Bedarf zu decken ist irrelevant geworden. Wir fressen Fleisch. In rohen Mengen. Weil wir es können. Manch ein Veganer mag jetzt sagen, dass man auch gar kein Fleisch zu essen braucht und das mag sogar stimmen, doch betrachte ich die Situation aus einem etwas anderen Blickwinkel. Ich verstehe den Gedanken dahinter, bewundere die wahren Veganer. Ja die, die keinen Soja-Hackersatz benötigen, der ganze Hektaren an Boden zerstört und noch eingeflogen werden muss. Die, die mit den Lebensmitteln, die in der Region vorkommen auskommen, und nicht teure Produkte einfliegen lassen, die genauso die Natur zerstören wie die Produktion von Fleischprodukten selbst. Die, die keine Lederschuhe tragen und vegan predigen. Respekt. Alle anderen müssen mir nicht kommen. Essen ist zur Religion geworden, doch nur das Essen.
 
Das Konsumverhalten an sich ist und bleibt wie zuvor. Aber Hauptsache man ist super, weil man gewisse Dinge nicht isst. Woher unsere Kleider kommen oder die ach so gesunden Scheiss-Erdbeeren im Februar und welche Auswirkungen unser Konsumverhalten auf die Ökologie, die Politik und unser Weltgeschehen hat wird selten in den Mittelpunkt gestellt, obwohl es uns die Geschichte schon mehrfach bewiesen hat.
 
Konsumieren um sich gut zu fühlen, überlegen, ich kann es mir ja leisten. Was für ein Scheisstag, ich glaub ich kauf mir neue Hosen für 200.- CHF, wovon das Kind, welches irgendwo in Bangladesch die Hose genäht hat vielleicht 2.- CHF bekommt. Wenn Ihr konsumieren wollt, kauft Geschichtsbücher, lest euch Hirn und Verstand an – ja es gibt heutzutage auch Hörbücher für die die Lesen scheisse finden.
 
Wir werden als Arbeitskraft von Maschinen ersetzt, weil wir immer mehr konsumieren wollen und die Produktion mit Maschinen günstiger und schneller ist. So sägen wir uns langsam den Ast durch, auf dem wir Sitzen und merken nicht das der Ast schon lange knirscht.
 
Ich sehe die Likes bei sozialkritischen Videos, Posts und Zeitungsartikeln, like Sie teilweise selbst, doch frage ich mich immerzu: Wenn so viele Menschen die Dinge gleich oder ähnlich sehen, warum ändert sich dann nichts. Warum ändern WIR dann nichts. Wie können wir etwas ändern, in einer Welt, in der wir in die Abhängigkeit gedrängt wurden, in einer Welt, in der die längst überholte Politik Zerstörung fördert, Hass schürt und uns zum Konsumzwang manipuliert.
 
Ich studiere Energie- und Umwelttechnik, bin aber mittlerweile der Überzeugung, dass das Wort „Umwelt“ aus Werbezwecken eingesetzt wurde. Der Ökologieunterricht ist ein Witz, der Rest beschränkt sich primär auf Energietechnik. Ja möglichst Nachhaltig und umweltfreundlich. Aber auf die Frage, ob die Ressourcen wie Boden, Wasser etc., die zur Herstellung IMMER benötigt werden, auch berücksichtigt werden kommt vom Dozenten nur die gehässige Antwort, dass wir hier nicht Ökologie studieren. WTF? Dein Ernst? Umwelt predigen, aber so wichtige Dinge ignorieren. Ein Hoch auf die Lithiumbatterie, ohne zu beachten, dass Lithium nicht gerade in rohen Mengen vorhanden ist.
 
Am Ende geht es auch hier nur darum, etwas zu verkaufen. Ein Produkt, das das eigene Gewissen beruhigt. Ja ich habe eine Solarzelle gekauft und benötige jetzt weniger Strom, ah und letzte Woche habe ich mir noch einen zweiten Kühlschrank gekauft, den ich im Wohnzimmer habe, damit ich zum Bierholen nicht aufstehen muss. Bravo, wir sind stolz auf Dich. Wir wollen Atomkraftwerke abschalten, jedoch nicht weniger Strom beziehen, macht doch Sinn… Böse Kraftwerke, aber dann 4 Mal im Jahr mit dem Flugzeug in ein Drittweltland reisen um die Zustände dort als zurückgeblieben zu bezeichnen. Ja uns geht’s so gut hier. Wir sind Gefangene unserer selbst errichteten Konsumburg, in der wir uns vor Dingen verschliessen, aus Angst, uns könnte etwas weggenommen werden. Doch was bringen uns all diese Dinge am Ende? Ein Sarg aus Geld und Konsumgütern? Sollte der Tag kommen, an dem ich meinen Löffel abgeben werde, möchte ich Glücklich und mit Liebe vollgefressen sein und nicht voller Gier und Neid.
 
Blinder Konsum führt dazu, dass wir uns verlieren und die Welt zerstören werden bis nichts mehr bleibt als ein Preisschild „For Sale: Planet Earth“.
 

Freitag, 17. Februar 2017

Forever twenty-five


Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als Menschen, die um die dreissig waren so seriös und erwachsen auf mich wirkten und ich dachte, zum Glück geht das noch sooooo lange. Dies führte zum Phänomen, dass jeder meiner Verwandten und Bekannten die älter waren als ich in meinem Kopf 25 war und blieb, ja auch ich. Nun bin ich vor kurzem zum fünften Mal 25 geworden, fühle mich jedoch weder erwachsen noch seriös. Auch Altersgenossen und andere die ich schon lange kenne und mir im Alter noch einiges voraus sind, wirken nicht so.

Zugegeben, die Regenerationszeit nach einer durchzechten Nacht hat sich von wenigen Stunden auf mindestens zwei Tage erweitert und die Motivation sich so einer Nacht zu stellen ist auch nicht jedes Wochenende da wie früher. Damals als man von Donnerstag – isch ja immerhin chlyne Friti – bis und mit Sonntag die Partys gefeiert hat wie sie gefallen sind. Kater, was war das? Ein paar Stunden Schlaf, ab zur Arbeit und später einfach weiterfeiern, das war alles kein Problem. Wenn ich heute schon nach Mitternacht schlafen gehe, habe ich am nächsten Morgen auf der Arbeit Mühe. Es ist nicht so, dass mich das stören würde, im Gegenteil. Mein Protemonnaie freut sich, meine Leber auch und zudem geniesst man das Fest dann umso mehr, wenn man sich einmal vom Sofa aufgerafft hat.

Auch die Getränkekarte hat sich deutlich verändert im Vergleich zu den frühen Jahren, als man noch Tequilla, Vodka blau, schwarz, grün sowie kleine Shotfläschli aus der Tanke trank, Bier zum Spülen und für zwischendurch kippte und einem bei Rotwein das Gesicht einschlief. Heute liebe ich Rotwein, besonders mit Freuden zu Hause in der warmen Stube. Bier ist natürlich erste Wahl in der Beiz und zwischendurch vielleicht mal ein Sambucca – wääää Anis, hätte ich noch vor einigen Jahren geschrien aber mhmmm es tuet so schön guet! – und nach jahrelanger Übung, ist man trotzdem schneller angeheitert als damals – auch hier dank mein Gäldseckel. Auch neuer im Sortiment ist das Carachillo, Veterano mit Espresso und Zucker, damit man auch nicht am Tisch einschläft um Mitternacht.

Auch die Auswahl der Lokation ist nicht mehr so einfach wie das einmal war. Früher ging man an jede „Hundsverlochete“ und es war eigentlich egal wo man war, Hauptsache Chilbi! Heute ist es schon etwas komplizierter. Eine Bar wo der Altersdurchschnitt so bei 20 liegt ist irgendwie nicht wirklich befriedigend, bei 45 aber auch nicht. Ausserdem möchte man gerne eine Sitzmöglichkeit haben, aber auch zwischendurch tanzen können. Und bitte einfach keine Scheissmusik, wie auch immer das zum Zeitpunkt definiert wird. Das ganze sollte dann noch mit den Freunden abgestimmt werden und eeeendlich kann es losgehen. Ich persönlich finde ja, dass „Ausgang“ heute viel mehr Spass macht als noch damals, aber vielleicht ist das auch nur Einbildung weil man danach länger leidet als früher und das Hirn dann einfach sagt, wenn man soooo fest leidet, muss es geil gewesen sein. Natürlich hat man mittlerweile auch mehr Verpflichtungen oder andere Prioritäten, so dass man nicht mehr auf jedem Ball tanzt und somit ist es eben auch etwas spezielleres, wenn man nur jedes zweite Wochenende Vollgas gibt und nicht jede Woche vier Tage am Stück – an dieser Stelle möchte ich noch erwähnen, dass nicht bei allen immer zwingen Alkohol involviert ist, dies bei unserer Generation jedoch eher die Norm ist.

Lustig wird’s dann, wenn uns dann die „jungen“ 20-jährigen entgeistert anstarren, weil wir bei 90er-Jahre-Musik total durchdrehen und ich erinnere mich noch gut daran, wie wir uns mit 18 über die „alten“ amüsiert haben. Gut wir sehen alle noch jung und knackig auf und fallen meistens gar nicht gross auf und ich muss sowieso immer noch überall den Ausweis zeigen – an der Stelle mal ein grosses MERCI all denen, die ihn sehen wollen; die regelmässige Entgleisung eurer Gesichter, sobald fertig gerechnet wurde, ist jedes Mal unbezahlbar – weswegen solche Situationen eher selten sind, aber von Jahr zu Jahr zunehmen.

Heute ist Freitag und ich bin gespannt, was das Wochenende bringt, denn ja ich habe dieses Wochenende keine Verpflichtungen.

Auf gute Freunde, geile Feten, kurze Wochen und das das Älterwerden weiterhin so Spass macht! Olé!

Mittwoch, 1. Februar 2017

Gefährlicher Voyeurismus

Social Network, ein Tool um in Verbindung zu bleiben, News und Musik zu teilen sowie Plattform für Memes und lustige Videos. In letzter Zeit ist mir häufig aufgefallen, dass es immer wieder Bilder gibt, von Menschen, die nicht der Nullachtfünfzehn-Norm entsprechen und eher ungünstig porträtiert sind mit dem Vermerk darauf ich suche eine/n XY markiere die Person. Zugegeben die Bilder lassen die Personen darauf wirklich nicht gerade hübsch aussehen und bei einigen frage ich mich auch, wie es wohl dazu gekommen ist, dass ein beinahe Nacktbild im Internet landet – sollte nicht jeder, der nicht in der Pornobranche tätig ist, wissen, einmal im Netz immer im Netz?

Auch peinliche Videos sind immer mehr im Umlauf um sich über Fehler anderer Menschen amüsieren zu können. Zugegeben viele davon sind freiwillig hochgestellt worden, doch gibt es sicherlich auch Bilder und Videos, von denen die darauf abgebildeten gar nicht wussten, dass diese in Umlauf sind und sich die ganze Welt darüber kaputtlacht wie komisch man aussieht oder wie peinlich diese Person doch ist.

Wir amüsieren uns auf die Kosten anderer, die teilweise nichts dafür können, dass sie so abgelichtet wurden. Situationen völlig aus dem Kontext gerissen werden zur Lachnummer der Gesellschaft und die betroffenen erfahren per Zufall davon. Mobbing auf höchster Stufe. Man mag jemanden nicht, weil er nicht aussieht wie jeder andere weil er/sie vielleicht dick ist, schielt, schiefe Zähne hat und macht heimlich ein peinliches oder unvorteilhaftes Bild und zagg ab durch die Welt des Social Networks mit einem dummen Spruch darüber und jeder kann das Bild kommentieren, teilen und muss sich dabei nicht mal schlecht fühlen, da man die abgebildete Person ja gar nicht kennt.

Ja ich habe auch schon einmal einen Lukas markiert ohne zu überlegen… Je mehr diese Bilder aber auf meinem Bildschirm aufflackern, desto mehr begann ich, mir zu überlegen, woher diese Bilder kommen und was wohl die Person auf dem Bild davon hält. Wie gesagt, es gibt viele gestellte Bilder, doch die erkennt man ja nicht immer sofort. Was also, wenn jemand darauf abgebildet ist, der sowieso schon ein gestörtes Selbstbild und Minderwertigkeitskomplexe hat und von allen gehänselt wird? Stellt Euch vor, ihr findet ein Foto von Euch selbst, auf dem Ihr gedemütigt werdet, niemand nimmt das einfach so hin oder?

Selbst stellen wir uns am liebsten im Glitzerlicht dar, perfekt mit Krönchen, damit man auch möglichst viele Likes einheimst und niemand die eigene Unperfektheit sieht. Social Network ist immer mehr zum Spiegel unseres Möchtegern-Ichs geworden mit dem Ziel des Fames – ja o i poste miner Texte uf Facebook – und wer die lustigsten Memes erstellt, die tragischsten Videos hochstellt oder die heissesten Selfies postet ist King. Zumindest glaubt das Individuum das gerne. Dieser Drang führt meiner Meinung nach dazu, dass kopflos durch die Welt gerannt wird auf der Suche nach dem perfekten Motiv. Je spektakulärer die Geschichte, umso mehr Likes und Reposts.

Ein Unfall, ein Brand, jemand bricht bewusstlos zusammen, zusätzlich zum Bystander-Effekt, der aus der Psychologie seit den Sechzigern bekannt ist, kommt jetzt noch der Fame-Effekt – ja das Wort ist erfunden. Jeder will ein Video oder ein Bild von der tragischen Situation machen, um es dann sofort ins Netz zu laden. Niemand hilft oder Helfen werden durch das durch die Schaulustigen gehindert. Unfälle auf Autobahnen führen zu noch längeren Gaffer-Staus, da ja nun jeder noch sein Handy zücken und die Kamera benützen muss.

Wir leben in unserer selbst errichteten Scheinwelt und glauben alles was wir auf den Bildschirmen sehen. Das Social Network ist die Traumwelt jedes Voyeurs und macht uns auch gewissermassen selbst zu einem. Ja auch ich scrolle mich regelmässig durch Posts aller meiner „Freunde“, poste selbst und like, dies gehört nun mal zu unserer heutigen Zeit und auch wenn ich mir manchmal ab mir selber nerve wie häufig ich auf Facebook bin, so habe ich aber auch nicht vor mein Profil zu löschen.
Was ich mir jedoch wünschen würde, ist etwas mehr Verstand beim Posten und Liken von Dingen. Warum müssen andere Menschen, die nicht der Norm entsprechen – und ich rede nicht von Berühmtheiten, die müssen halt wohl einfach damit leben – als Vorlage für die Belustigung des Volkes herhalten. Wieso mit Hass und Beleidigungen um sich werfen, wenn es doch so viel schöner und einfacher wäre, mit Liebe und Positiven Statements zu brillieren.

Also Leute – und ich gebe mir auch fest Mühe, mich selbst daran zu halten – Hirn an bevor gepostet wird und wie Mr. Burns dies so schön gesagt hat: „Ich bringe euch Liebe!“ J

Love J.D.