Freitag, 30. Dezember 2016

Das perfekte Weib


Gestern habe ich mich mit einem Freund über das allseits beliebte Thema unterhalten, wo es um die Frage der Rollenverteilung beziehungsweise um die geschlechterspezifische Erwartungshaltung bei der Partnerwahl ging. Eine Aussage hat mich dann so irritiert, dass mich die Schreibwut gepackt hat.

Ich war grad recht in Fahrt und warf ihm etwas entnervt entgegen, dass Männer primär sowieso nur auf das äussere schauen, ein knackiger Körper ist ja auch das erste was Mann sieht. Ausserdem sollte die Frau nicht zu dumm und nicht zu intelligent sein und eben halt „wienes Meitschi“ sein. Wie gesagt ich war schon leicht angepisst, doch dann kam seine Antwort, deren Ehrlichkeit mich doch etwas überrumpelte. Ja natürlich sollte die Frau super aussehen und ja intelligent auch, doch nicht intelligenter als er selbst und sollte sich benehmen wie eine Frau. Doch wie benimmt sich eine Frau eigentlich, oder wie hat sie sich zu benehmen, damit ihr verhalten als weiblich anerkannt wird?

Diese Frage beschäftigte mich tatsächlich bis vorhin so fest, dass ich im Internet auf die Suche nach Antworten ging. In einem Forum von Elitepartner, was das erste Suchergebnis auf Google war, wurde die Frage diskutiert, was Männer als weiblich empfinden. Bei einer der ersten Aussage musste ich lachen: „Ein Mensch ist in jedem Fall dann als weiblich anzusehen, wenn er Kleider oder Röcke trägt und dazu Stöckelschuhe und - Ovarien hat!“. Hahaha wirklich ein Mensch ist weiblich, wenn er – der Mensch – Ovarien besitzt und Kleider und hohe Schuhe trägt. Also ein Mann mit Stöckelschuhen und einem schönen Kleid ist zwar ein Mensch aber aufgrund der fehlenden Ovarien nicht weiblich. Ob der Kommentator wohl schon mal in Thailand war, wo einige der in meinen Augen schönsten Frauen keine Ovarien sondern ein Skrotum besitzen. Weiter fand ich den Kommentar, dass eben alles als weiblich anzusehen ist, woran Männer kein Interesse haben wie beispielsweise Nagellack, Handtaschen, Schmuck etc. und eben das Interesse an solchen Dingen auch gleich die innere Weiblichkeit ausmacht. Woow geil. Wahrscheinlich sollte ich einen Penis haben, da mich solche Dinge nicht im geringsten Interessieren und auch meine Freundinnen nicht, wir unterhalten uns lieber über Musik oder Politik, aber ja es wäre wohl eine spannende Abwechslung, sich stundenlang über den Ton des Lippenstiftes irgend einer prominenten auf einem Glamour-Magazin zu unterhalten.

Aber woher kommt eigentlich dieses Bild der optischen wie der inneren Weiblichkeit? Von wem wird dies definiert? Natürlich gab es früher klare Regeln was eine Frau zu tragen und wie sie sich zu verhalten hat. Steht ja schon in der Bibel (das Wort Bibel verwende ich hier religionsunabhängig, es ist in jedem dieser Bücher klar beschrieben) wie wir Frauen zu sein haben. Ja wir Frauen sind dazu da, Kinder zu bekommen und den Haushalt zu schmeissen. Dieses Bild zog sich durch Jahrhunderte. Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhundert bekamen dann die Frauen immer häufiger das Wahlrecht, was dem starken Geschlecht nicht immer gelegen kam. In den fünfziger Jahren kam dann der Trend der perfekten Hausfrau, der auch medial verbreitet wurde. Das Ziel einer Frau sollte sein, einen guten Mann zu finden, zu heiraten und Kinder zu kriegen und den Haushalt zu schmeissen wie es Martha Stewart einst getan hat. Sie hat dem Mann nicht zu wiedersprechen und behält ihre Gedanken für sich. Jungen Mädchen wurde früh eingeschärft, was sich für eine Frau schickt. Barbie half bei der Erziehung natürlich auch stark mit. Wegen Barbie haben auch meine Jugendfreundin und ich mit etwa sechs Jahren versucht, aus Karton Stöckelschuhe zu basteln, denn Barbie hatte ja immer welche an. Natürlich wuchsen auch die medialen Einflüsse. Pin-Up-Girls, Models, Werbeanzeigen; alle zeigten und zeigen noch heute wunderschöne Frauen mit einem makellosen Gesicht und perfekten Körpern. Heute werden die Bilder noch digital nachbearbeitet um auch ja jeden Makel zu retuschieren, so dass wir alle, ob Männlein oder Weiblein, ein immer unrealistischeres Bild einer Frau im Kopf haben. Wenn ich meine Freunde beobachte, welchen Frauen sie hinterher schauen und welche sie als heiss bezeichnen, dann sind es am häufigsten diese, die diesem medialen Schönheitsideal am nächsten kommen.

Wenn Frauen auf’s Klo müssen, kommen Regenbögen hinten raus und das ganze riecht nach Rosen. Diese Aussage habe ich schon öfters von Freunden und Bekannten gehört. Dieses Bild hat sich so fest in meinem Kopf manifestiert, dass ich in meiner ersten Beziehung häufig richtig Bauchschmerzen hatte, weil ich Blähungen hatte – zu viel Salat am Abend halt – mich jedoch nicht dafür hatte, die Luft entweichen zu lassen. Ich erinnere mich noch zu gut daran, als mir beim gemeinsamen Zähneputzen mal ein Fürzli davon ging und mein damaliger fester Freund so schockiert und angeekelt war, dass er das Badezimmer Naserümpfend verlies und noch Stunden später darüber klagte, dass dies also nichts sei, was eine Frau mache. Heute muss ich sagen dass ich gegen meine physiologischen Vorgänge leider nicht viel machen kann und die Meinung vertrete „use mit däm wo ke Mieti zahlt“. Man kann dies ja auch dezent machen aber wenn ich halt mal wegen meinen Bierli rülpsen muss, muss man sich halt damit abfinden. Das mach ich auch nur wenn ich mich wohl fühle, also sollte dies ein Kompliment für die Umgebung sein.

Es gibt wieder oder immer noch viele Frauen, die sich gerne etwas dümmlich stellen und versuchen die perfekte Frau für einen Mann zu sein, um dann das Heimchen am Herd zu spielen. Gegenüber stehen in krassem Gegensatz die kämpferischen Emanzen. Gleichberechtigung wird in jedem Aspekt gefordert, und es wird gezetert und geschrien, wenn ein Mann einem die Tür aufhält. Nur um seinen Standpunkt zu verdeutlichen. So leid es mir tut, es gibt einfach gewisse Unterschiede zwischen Mann und Frau. Schon rein anatomisch im Fall. Dass ein Mann in einem Büro häufig noch mehr verdient als eine Frau mit derselben Position finde ich auch absolut scheisse, aber hey man könnte ja auch direkt seinen Vorgesetzten darauf ansprechen, sollte dies im Betrieb der Fall sein. Andererseits sehe ich auch, dass ein Mann für gewisse Berufe körperliche Voraussetzungen hat, die eine Frau selten erfüllt – ja es gibt sie, ich kenne Bilder von werblichen Bodybuilderinnen hihi – dafür kann ja auch niemand was. Heimchen gegen Emanze, beide mit dem von den Medien vermittelten Schönheitsideal einer Frau im Hinterkopf.

Meine männlichen Freunde entgegnen mir bei einer solchen Diskussion häufig, dass auch Frauen ihre Vorstellungen haben und lieber einen Macho oder ein „Arschloch“ nehmen, als jemanden, der ihnen alle Wünsche von den Lippen abliesst, um diesen Typen dann so zu verändern, dass er zu einem netten Typen wird und es den Frauen dann langweilig wird. Ja auch wir bekommen medial das Bild des perfekten Mannes vermittelt. Draufgängerisch, stark und ein Player. Doch eigentlich wollen alle den netten Typ von nebenan, der aber immer in der Friendzone landet. Ein Paradoxum, dass ich bis heute nicht verstehe, denn ich denke immer erst, der Typ sei nett – deswegen habe ich ja auch Interesse – bis sich herausstellt, dass er ein Arsch ist. Ich rühme mich eigentlich einer guten Menschenkenntnis doch in dem Bereich habe ich offenbar einen riesigen blinden Fleck, aber was soll’s.

Doch wieso machen wir uns überhaupt darüber Gedanken, was ein Mann von einer Frau erwartet und umgekehrt? Ich bin der festen Überzeugung, dass wenn einer von mir erwarten würde, das mädchenhafte Weiblein zu sein, dass er sich vorstellt, er sicher nicht derjenige ist, den ich an meiner Seite haben möchte. Ebenso sehe ich den Sinn nicht, mir einen anzulachen, den ich dann ändern möchte. Man fühlt sich ja zum Gegenüber hingezogen, weil er oder sie eben so ist wie er oder sie eben ist, wieso sollte man dies dann ändern wollen. Wir sind so wie wir sind und wenn jemand nicht damit zurechtkommt, dass ich zu ehrlich und zu direkt bin und manchmal rülpse, dann ist das auch kein Mensch der für mich interessant ist.

Dass Mann und Frau verschieden sind und auch ein gewisser Unterschied sichtbar sein sollte finde ich absolut korrekt, doch alles hat seine Grenzen! Niemand sollte sich verstellen müssen um jemandem zu gefallen. Wer mit sich selbst im Reinen ist und sich selber treu bleibt ist auf seine eigene Weise weiblich oder männlich und wirkt attraktiv auf andere Menschen. Das hat meiner Meinung nach nichts mit Bildern zu tun, die wir eingetrichtert erhalten haben. So bleiben wir uns selber treu und lassen uns nicht in irgendwelche Rollen drängen.


Freitag, 23. Dezember 2016

Sex sells oder „zieh Dir ein gutes Gefühl an“


Ist das nur Einbildung, oder sieht man im TV noch mehr nackte Haut als bisher? Mich dünkt‘s, dass uns mittlerweile sogar jede zweite Werbung mit unserer Sexualität konfrontiert – was ja grundsätzlich nicht verkehrt ist, da es in der heutigen Zeit kein Tabuthema mehr sein sollte – aber echt jetzt? Ich sehe eine Werbung für einen Kleiderversand, wo die Dame damit wirbt, dass sie dank der tollen neuen Unterwäsche mehr Selbstvertrauen hat um sich auf ein Abenteuer einzulassen. Toll neue Unterwäsche und damit kannst du dann reihenweise Männer abschleppen? Dann noch jede dritte Werbung für irgendeinen Sextoy-Onlineshop. Ich meine über die Sexualität zu reden finde ich persönlich sogar wichtig aber muss es sich denn in jeder verfluchten Werbung darum drehen, ausser natürlich bei den Safer-Sex-Werbungen wo sich die Leute über ein schwules Pärchen aufregen oder von der klaren Aussage von „brennt‘s im Schritt“ angeekelt fühlen.
 
Dass wir meiner Meinung nach ein immer gestörteres Verhältnis zu Sex haben erstaunt mich bei so vielen medialen Einflüssen nicht mehr. Immer wieder blitzten auf Facebook superschlaue Berichte auf mit Titeln von: „so kriegst du ihn garantiert rum“ über: „was Frauen im Bett wirklich wollen“ bis hin zu: „die 10 besten Stellungen für unglaublichen Sex“. Auf Plakaten, auf den Bildschirmen, in Musikvideos, überall werden wir mit Sex konfrontiert, wohin wir auch schauen, Sex ist immer präsent.
 
Es gibt ja mittlerweile auch genug Apps, die dazu dienen, möglichst schnell jemanden kennenzulernen, mit dem man Spass in der Horizontalen haben kann, für die auch regelmässig Werbung zu sehen ist. Ich habe sogar schon von Apps und Webseiten gelesen, die nur für Fremdgeher sind, extra diskret... Wirklich? Das finde ich irgendwie echt verstörend. Ja ok es kann vorkommen, dass man sich gegenseitig in einer Beziehung nicht mehr befriedigen kann, doch sollte man hierfür nicht gemeinsam eine Lösung finden. Es kann ja auch sein, dass sonst was nicht stimmt und es vielleicht besser wäre sich zu trennen, anstatt sich zu belügen und zu betrügen.
 
Es ist ja auch die schönste Nebensache der Welt, doch benötigt es hierzu nicht ein bisschen mehr, als einen tollen neuen BH und einen One-Night-Stand? Egal wo ich bin, höre ich immer wieder dieselben Aussagen, die Implizieren, dass das einzige Ziel eines Wochenendes darin besteht, sich zu betrinken und eine oder einen Abzuschleppen, wobei ich zugeben muss, dass ich diese Aussagen öfters vom „starken“ Geschlecht vernommen habe. Ich habe mich schon öfters dabei ertappt, dass ich nur noch frage ob man den Erfolgreich gewesen ist und natürlich darauf anspiele ob man jemanden abgeschleppt hat, nicht ob man jemand interessanten kennengelernt hat. Nicht dass ich eine andere Frage erhalte, nach dem Wochenende…
 
Dieses Phänomen verlinke ich aber auch mit dem ständigen Alkoholkonsum am Wochenende, ohne kommen wir wohl gar nicht mehr klar. Arbeiten von früh bis spät fünf Tage die Woche, da will man ja auch mal etwas abschalten. Wie schon in einem früheren Text erwähnt, glaube ich nicht daran, dass man besoffen wirklich jemanden kennenlernen kann, der einem vielleicht länger erhalten bleibt als nur eine wilde Nacht, dank dem neuen BH – diese Werbung macht mich echt rasend. Bei Alkohol hab ich doch gleich eine Idee, man könnte ein trinkspiel daraus machen und bei jeder Werbung, bei der es um Sex geht einen kippen, das wär doch was.
 
Doch liegt es nur an den Partys, dass das Hauptziel darin besteht nicht alleine nach Hause gehen zu müssen? Oder liegt es daran, dass wir zu gestresst sind, zu viel um die Ohren haben um uns mehr als nur das vorstellen zu können? Ich kenne durchaus auch Menschen, die gerne jemanden mal besser kennenlernen würden, dann aber nach dem ersten Mal Judihui nicht mehr interessant sind für das Gegenüber. Man hat ja bekommen was man wollte – neeeeext.
 
Wieder ist Werbung im TV und zwei wunderschöne Menschen küssen sich innig und es wird einem richtig heiss, während dem der Typ ihr erklärt, dass er halt ein Wilder sei und sein Leben lebe und tue was er wolle aber hei er liebt sie trotzdem für immer – vielleicht ja auch nur bis zu nächsten Werbung.
 
Ja Sex sells, sogar wenn es um meine Posts geht, denn laut meiner Blog-Statistik wurde der Artikel, in dem das Wort Sex schon im Titel vorkam mehr als dreimal so viel angeklickt wie alle anderen. Ob es bei diesem auch wieder so sein wird?

Montag, 5. Dezember 2016

Musik und Magie


Heute war ich bereits in Gstaad, Berlin, Dublin und Vancouver. Natürlich nur in meinen Gedanken, meiner Erinnerung. Den MP3-Player auf Shuffle eingestellt werde ich nun schon den ganzen Tag lang von meiner Musik berieselt, welche mich durch die Zeit und an andere Orte spickt.

Schon als Kind liebte ich das Radio. Egal ob in der Küche, im Bade- oder im Schlafzimmer, überall wurde sofort nach dem Eintreten das Radio eingeschaltet. Das Highlight waren jeweils die Performances in der Küche, wo ein Oregano-Gewürzfläschchen dann auch mal zum Mikrofon umfunktioniert wurde. Ach das waren noch Zeiten. Noch heute werde ich sofort auf die Schulreise in der dritten Klasse versetzte sobald ich entweder „alles aus Liebe“ von den Hosen oder „who the fuck is Alice“ von Smokie höre. Die beiden Songs wurden von unsere Klasse damals lautstark am Thunersee entlang gesungen. Bei "Lords of the Boards" bin ich sofort wieder in unserem Keller an einer Schülerparty und Hüpfe wild über die Tanzfläche. Und bei "don't speak" bin ich mit Erika in Brienz.

Schon früh war ich das erste Mal mit den Eltern meiner besten zwei Schulfreunde auf dem Gurten und bei Fanta Vier an der vordersten Front mit dabei. Auch Playbackshows waren immer eine Freude, ob für eine Geldsammlung für ein Lager oder einfach nur so, weil wir es halt konnten, sie waren jeweils Zahlreich. Ja ich war sogar einmal Manager der Spicegirls und übernahm danach nach Ausstieg der ersten Sporty Spice deren Rolle, während dem ich am selben Anlass auch noch Alanis Morissette verkörperte. Es waren so viele Playbackshows, dass ich mich beinahe nicht mehr an alle erinnern kann.

Da mein Vater immer der Meinung war, dass ich, wenn ich schon lautstark mitsingen musste, auch die Texte verstehen sollte, habe ich früh begonnen, die Lyrics meiner Favoriten zu übersetzten. Manchmal fand man ja auch einen der Songs im Bravo bereits übersetzt, was mir jeweils sehr viel Arbeit ersparte. Ja ich habe das Bravo tatsächlich wegen den jeweils zwei übersetzten Songtexten gekauft und nicht wegen dem Dr. Sommer-Team, auch wenn das vielleicht schwer zu glauben ist, muahahaha.

Schon bald war ich alt genug, um im Alpina in Burgdorf oder in der Kupferschmitte in Langnau am Wochenende kleine Konzerte zu besuchen. Da durfte ich auch mal länger aus bleiben, da meine Eltern fanden, das sei wesentlich sinnvoller als irgendwo in einer Kneipe rumzuhängen. So war ich also öfter irgendwo in einem kleinen Konzertlokal und pogte mich durch die Wochenenden. Von Punkrock über Ska über Hiphop – ja Wurzel 5 spielte damals an fast jeder Hunzverlocheten – ich liebte es vor der Bühne zu stehen und mich der Musik ganz zu ergeben. Noch immer gehe ich regelmässig an Konzerte und Openairs, bevorzuge aber ehrlich gesagt die kleinen Konzertchen nach wie vor. Unbekannte Bands mit haufenweise Talent – meistens jedenfalls – die mich in eine andere Welt befördern. Gerade dieses Wochenende war in Thun eine Menge los. 17 Konzerte an 17 Lokalitäten und die Stadt platze aus allen Nähten. Alt und Jung trafen sich um der Musik zu frönen und ich war begeistert von der Begeisterung die herrschte. Solche kleinen Konzerte gibt es leider nicht mehr allzu oft und manchmal frage ich mich, was denn die 16-jährigen heute machen. Irgendwo rumhängen oder an U18 Partys gehen? Die würden bestimmt auch öfters günstige Konzerte besuchen.

Wir hatten zu Hause öfters Untermieter aus dem Gymer oder dem Tech und die Musiker waren mir immer die Liebsten. Egal ob Gitarre, Bratsche oder sonst etwas, ich schlief immer am besten wenn sie noch am üben waren, denn bei guter Musik kann ich loslassen und meine Gedanken driften in meine Fantasiewelt. Auch an Konzerten ist es so. Ich blende das ganze Publikum aus und bin mit meinen Gedanken an einen völlig anderen Ort, sei es im Bett während dem der Sänger in meiner Fantasie mit seiner akustischen Gitarre auf der Bettkante sitzt und mir mit seiner unglaublichen Stimme ein Ständchen hält, irgendwo auf dem Snowboard in Whistler oder in einem Wald. Egal wo einfach weg, von den Schallwellen der Musik weggetrieben.

Musik ist das schönste auf der Welt, finde ich. Ein Song kann meine Stimmung von einer Sekunde auf die andere ändern und jede Stimmung hat seine Songs. Wenn mich jemand fragt, was für Musik ich gerne höre muss ich sagen, eigentlich praktisch alles, sofern es gerade passt. Es gibt Songs, die lösen sogar Schmetterlinge im Bauch aus, während dem andere mir die Tränen in die Augen treiben oder mich wütend machen. Alles verknüpft mit Erinnerungen oder neuen Emotionen. Ich wüsste nicht, wie ich ohne Musik leben könnte und danke an dieser Stelle gerne allen Musikern, macht bitte weiter so!

Auch wenn die Musik nicht mehr spielt, so klingt die Melodie nach.

Freitag, 25. November 2016

Das „Mimimi“ unserer Zeit


Es gibt zwei Worte, die mich regelrecht in Rage versetzten, in unserer Gesellschaft jedoch immer mehr verwendet werden: „wieso ich?“. Ernsthaft sobald ich diese Worte höre, bin ich geneigt, mit meinem Arm weit auszuholen, mein ganzes Gewicht in kinetische Energie umzuwandeln und das Gesicht, dass zu diesen Worten gehört mit einer kräftigen Wasche zu versehen.

In unserer Welt der Selbstdarstellung ist es zu einem Requisit geworden, sich selbst zu bemitleiden und so in den Mittelpunkt zu stellen. Man hat ja nichts anderes zu bieten, denn man geht tagtäglich brav arbeiten, leistet seinen Beitrag zur Gesellschaft und ist bereitwillig zum Schäfchen der Gesellschaft geworden. Da darf man sich doch wenigstens darüber beklagen, oder etwa nicht? Ja wegen seinem beschissenen Ex-Partner, der unfair war, hat man kein Vertrauen mehr, die Eltern die einem zu wenig respektiert haben, sind schuld, dass man heute Angst hat, jemandem die Meinung zu sagen und der dumme Nachbar ist schuld, dass der eigene Rasen so ungrün wirkt. Man jammert und beklagt sich über alles und jeden.
Dann kommt noch dazu, dass man einen Job hat, den man scheisse findet, aber man muss ja den Job machen, denn man braucht das Geld. Und ausserdem hat man ja eh immer nur Pech. Egal was ist, im Freundes- und Bekanntenkreis geschieht das Schlimme immer nur einem selbst, als ob es das Schicksal nicht gut mit einem meine.

Ich will wirklich niemanden beleidigen mit meinen Worten, ich kann nur nicht verstehen, wie man sich mit allem einfach so abfinden kann. Ist es die Faulheit, die einem dazu treibt, oder das im Mittelpunkt stehen durch sein jammern? Ich habe schon öfters beobachtet, dass manche, sich lieber damit beschäftigen, sich darüber Gedanken zu machen, was andere über einen denken könnten und was hinter dem Rücken erzählt wird. Auch hier fokussiert man sich dann lieber darauf immer wieder nachzufragen ob jemand was erzählt hat. Auch hier verstehe ich nicht warum? Was hat man davon? Denkt man darüber nach, was andere von einem halten oder sich erzählen können, zeugt das dann nicht davon, dass man mit seinem eigenen Verhalten nicht zufrieden ist? Warum also ändert man dann nicht einfach das Verhalten und geht weiter, ohne sich über solche Leute Gedanken zu machen, die die Lästerei nur missbrauchen um ihre eigenen Fehler zu vertuschen?

Haufenweise Zitate auf Facebook und anderen Social Network Seiten blinken vor meinen Augen auf, deren Aussage dazu aufrufen, sein Leben in die Hand zu nehmen und es zu leben. Ja mit Begeisterung werden diese Memes gepostet und geliked, doch wer nimmt sie sich eigentlich zu Herzen. Werden sie vielleicht einfach nicht verstanden?

Der Mensch hat über die Jahre gelernt, den Weg des geringsten Widerstands zu gehen und seine Selbstverantwortung abzuschieben. Das beginnt schon in der Schule, wo man doch gerne dem Lehrer für sein versagen Schuld gibt, weil der einfach etwas gegen einen hat. Hunderte von Ausreden um nur keine Selbstverantwortung übernehmen zu müssen begleiten uns dann unser ganzes Leben lang. Jeder will ein Individuum sein, doch möglichst nichts dafür tun müssen, in der Hoffnung, dass das Schicksal, oder sonst wer die Probleme für einen lösen würde.

Zugegeben, es gab auch Tage, an denen ich auch zu Hause auf der Couch gelegen habe und mich ein wenig selbstbemitleidet habe, weil es gerade nicht so lief, wie ich das gerne in dem Moment gewollt hätte, doch diese Tage kennt wohl jeder.

Ja es ist nicht einfach, sich seiner eigenen Fehler anzunehmen und sich selbst beziehungsweise sein eigenes Verhalten zu ändern und sich somit aus seiner Komfortzone zu bewegen. Veränderungen bringen immer etwas ungewisses mit sich, was zu Angst führen kann, doch seine Ängste zu bekämpfen und sein Leben so zu leben, dass man glücklich ist, ist doch eigentlich der Sinn und Zweck des Ganzen. Das Leben hat nur eine Spielregel: es endet mit dem Tod, so sollte doch das Ziel des Lebens sein, es zu leben und nicht, sich den Gegebenheiten einfach hinzugeben, weil es halt nun mal so von der Gesellschaft vorgelebt wird?

Meine Beobachtungen haben mich in meiner Annahme, dass eine negative Einstellung, auch negatives Anzieht, bestätigt. Das Problem besteht nicht nur darin, dass den Menschen, die immer mit dem schlimmsten rechnen, auch mehr negatives erleben, sondern, dass sie durch ihre Einstellung das positive im Leben gar nicht wahrnehmen können. Sie sind blind für das schöne im Leben, für die tollen Dinge die ihnen wiederfahren und das Glück, dass sie haben. In ihrer Welt sind sie der Pechvogel.

Jeder Mensch hat sein Köfferchen zu tragen, doch nicht jeder schüttet es bei jeder sich bietenden Gelegenheit vor anderen Menschen aus, nur um etwas Aufmerksamkeit zu bekommen und bemitleidet zu werden. Sind die Schicksalsschläge, die man erlebt hat, die Fehler, die man begangen hat und die scheisse, durch die man gewatet ist, dazu da, eine Lehre zu ziehen, zu reflektieren und dann sein Leben wieder in die eigenen Hände zu nehmen? Wenn man das Gefühl hat, es selbstständig nicht schaffen zu können, gibt es heute an beinahe jeder Kreuzung Hilfe, man muss nur seinen falschen Stolz runterschlucken und darum bitten. Sei es bei Freunden, Familie oder sogar professionellen. Doch tun muss man es! Es ist auch keine Schande um Hilfe zu bitten, meiner Meinung nach zeugt es sogar von Stärke, da man sich selbst eingesteht, dass es so nicht weitergehen kann und man aus seinem Trott ausbricht um sein Leben neu zu gestalten.

Viele haben noch nicht begriffen, oder wollen es einfach nicht, dass man niemand anderen als sich selbst für sein Versagen, für seine Fehler, ja für sein Leben verantwortlich machen kann. Hat man das erst einmal begriffen, beginnt man zu leben und hört damit auf, ständig Trübsal zu blasen und sich mit Situationen zufriedenen zu geben, und im gleichen Atemzug darüber zu zetern, wie scheisse alles ist. Man beginnt damit, Situationen zu ändern und sich sein Glück selber zu schmieden.

Ja das Leben ist scheisse, aber nur solange man es scheisse sein lässt. Mein Vater hatte dazu ein passendes – zugegeben etwas vulgäres – Sprichwort: „Life is a bitch, but you’re gonna fuck her anyway!“, wie man sie (die Schlampe, das Leben) nimmt, ist am Ende jedermanns eigene Entscheidung. Doch um dies auch wirklich zu tun gibt es nur eine Möglichkeit: „Finger usem Arsch und mache!“.

Donnerstag, 10. November 2016

Auf dem Einhorn durch die Welt

Ich habe ja nun schon ein paar Mal erwähnt, dass ich tagtäglich mit dem Zug unterwegs bin. Manchmal ergibt es sich dann, dass ich im Spielzug-Abteil lande, wo es glücklicherweise meistens noch einen Sitzplatz zur Verfügung hat – wahrscheinlich wegen der kreischenden, lachenden Kinder. Immer wieder ertappe ich mich dann dabei, wie ich die Kinder beobachte und sich ein gewisser Neid in mir hegt. Wie schön wäre es doch, sich seiner eigenen Fantasie gänzlich zu ergeben und in einem actionreichen Spiel, wo der Boden aus Lava besteht, so lange man eben Lust dazu hat, seinen Tag zu verbringen…


Doch nicht nur das fasziniert mich an den Kindern. Wie sie es immer wieder schaffen, Gegebenheiten direkt anzusprechen ohne Angst vor den Konsequenzen. Direkt und ehrlich. Tätsch gredi use. Sie lassen ihren Gefühlen freien Lauf, weinen wenn ihnen danach ist, kreischen, quietschen und lachen wann immer es sich gerade als in ihren Augen richtig erweist, beschimpfen sich Gegenseitig, um sich einige Minuten später wieder in den Arm zu nehmen und sich einem neuen Spiel zu widmen. Wann haben wir das verlernt? Während der ersten Schuljahre oder doch etwas später? Und warum haben wir so Angst davor, unsere Gefühle und Gedanken wie früher rauszulassen? Jemandem direkt zu sagen dass er den Hosenstahl offen stehen hat – okay es muss ja nicht gleich wie früher sein als man lautstark sang: „Hoselade offe, d Häx het gschosse!“ – doch die meisten wären doch froh um diese Information, ich zumindest wäre es. Wie sähe wohl eine Welt aus, in der etwas mehr ausgesprochen würde was man aus Angst, Schamgefühl oder warum auch immer zurück hält? Wenn man auch mal jemandem sagen dürfte, dass er in dem Moment halt grad ein Arschloch ist, um danach zusammen ein Bierchen zu zischen oder sich auch aus dem Weg zu gehen. Eine Welt, in der man jemandem sagen kann, dass man ihn mag, doof findet oder sogar liebt, ohne dass man sich dann dumm vorkommt, oder dies noch Jahre später gegen einen verwendet wird. Es wäre wohl eine ehrlichere Welt. In meiner Fantasie, wäre sie auch weniger kompliziert, denn man wüsste immer gleich, woran man ist. Zugegeben, gewisse Reize wie zum Beispiel die Flirtspielchen beim Kennenlernen, würden wahrscheinlich verschwinden, da ich jedoch die Spielregeln sowieso bis heute nicht ganz verstanden habe und den Sinn und Zweck davon nicht ganz nachvollziehen kann, wäre mir das wohl egal.
Die Sensibilität, die Kinder immer wieder an den Tag legen finde ich auch faszinierend. Es ist mir schon ab und zu passiert, dass ich vertieft in meiner manchmal melancholisch angehauchten Gedankenwelt, irgendwo wartend, vor mich hin starrte und aus dem nichts ein strahlendes Kindergesicht vor mir erschien. Ein freundliches Strahlen, das mich sofort aus meinen grauen Novembergedanken in eine freundliche Welt blicken liess, als ob mir jemand Schoggi geschenkt hätte.


Auch die lustigen Dinge, die sie mit ihrer nackten Ehrlichkeit immer wieder ohne zu überlegen äussern, lassen mich regelmässig grinsen. „I Mami hesch gseh, die Frou isch de gruusig gschminkt!“ – eine Äusserung, die übrigens meine Mutter vor ungefähr 25 Jahren vor Scham beinahe hätte im Boden versinken lassen, da ich dies lautstark im Lift von mir gab und dabei die Dame mir gegenüber mit grossen Augen betrachtete. Oder wie sie alltägliche Dinge, die sie sehen mit ihrer kindlichen Logik erklären und ich immer wieder denke: „miech ansich no Sinn eso…“. Ich weiss nicht, ob ihr euch noch an die Sendung „Dingsda“ erinnern könnt, wo Kinder Begriffe erklärt haben. Ein Junge erklärt zum Beispiel den Begriff Liebe: das ist, wenn 2 sich sehr gut verstehen, über längere Zeit und manchmal auch beieinander übernachten und viel zusammen unternehmen und man auf dem Herzen so ein Gefühl hat wie als wäre ein kleiner Stein da und wenn man sich dann eines Tages streitet, ist dann alles wieder weg. Diese Beschreibung finde ich köstlich. Simpel und dem Zeitgeist entsprechend, denn wenn man sich streitet ist heute wirklich schnell mal alles wieder weg, da wir gerne den Problemen aus dem Weg gehen. Kinder machen das nicht, sie lassen sich gerne auf Konfrontationen ein und verhandeln. Habt ihr schon mal Kinder beobachtet, die in ein Spiel vertieft sind, und sich über die Handlung nicht einig sind? Sie suchen Optionen um gemeinsam eine Lösung zu finden, mit der beide zufrieden sind, damit sie sich wieder ihrem Spiel widmen können. Auch das haben wir grösstenteils verlernt und haben an der Fachhochschule ein Fach „Argumentation und Rhetorik“ in dem man das Harvard-Konzept liest um das Verhandeln wieder zu lernen, da wir meistens auf unseren Positionen beharren, was dann am Schluss niemandem dient.


Kinder kümmern sich auch nicht darum, ob jemand reich, arm, schwarz, weiss oder sonst wie anders ist, solange man sich mag, spielen solche Dinge für sie keine Rolle.


Als Kind wunderte ich mich häufig über Erwachsene. Sie sagten, man soll nicht Lügen, ich ertappte dir „Grossen“ dann aber trotzdem häufig dabei – dies ist wohl auch ein Grund, warum ich immer auf Rumpelstilzchens Seite war. Immerhin hiess es, man solle nicht lügen oder Versprechen brechen, doch die doofe Müllerstochter hat ihm ihr Erstgeborenes, obwohl versprochen, nie gegeben. Das geht doch so nicht –. Ebenfalls hiess es, man solle seinen Abfall nicht auf den Boden werfen, ich lass aber auf dem Nachhauseweg vom Kindergarten regelmässig Müll von den Strassen auf, die von den Erwachsenen einfach so zu Boden geworfen worden waren, um sie dann in den nächsten öffentlichen Chübel zu werfen. Ja Grüssen solle man die Erwachsenen auch immer höflich, doch die meiste Zeit kam von denen nicht mal ein Hallo zurück.


Erwachsene sagen ihnen Kindern was man soll und darf, halten sich aber leider selber zu selten daran. Das ist in meinen Augen sehr schade.
 
Ja wir bringen den Kindern die Dinge bei, könnten aber selber eine Menge von Ihnen lernen. Dies war schon die Message von James Matthew Barrie als er Peter Pan in seinen Geschichten erscheinen liess. Kinder sind ehrlich, stark und tapfer. Unvoreingenommen und geben jedem dieselbe Chance. Sie kümmern sich noch darum, was mit den Tieren dieser Erde und der Natur passiert und Geld ist für sie kein Thema.


Auch wenn die Welt häufig grausam und verworren ist, so bin ich versucht, sie ein bisschen häufiger durch meine verzauberte Kinderbrille zu sehen um nicht von der Hektik unserer Zeit verschlungen zu werden. Ich folge dem weissen Hasen, solange ich noch kann und freue mich über jeden der mir auf meinen Weg begegnet und der mit dem metaphorischen Hutmacher und mir einen Tee trinkt.

Montag, 7. November 2016

Von "fuck off Schreibblockade" zum Moralisten

Seit Wochen schon habe ich nun schon eine Schreibblockade. So viele Gedanken rasen den ganzen Tag durch meinen Kopf, doch kann ich sie nicht richtig fassen oder sie irgendwie zu einem schlüssigen Text zusammensetzten. Erinnerungen an Erlebtes, Songtexte oder Gelesenem, welche mich normalerweise inspirieren, werden aktuell von den wild durcheinander rufenden Stimmen in meinem Kopf, zusammengesetzt aus Gedankenbruchstücken und einem Gefühlswirrwarr, übertönt. Meine Konzentration leidet darunter, was sich auch auf meine Motivation, etwas anzugehen auswirkt. Den ganzen Tag am Fenster sitzen und den wunderschönen farbigen Blättern beim Fallen zusehen, das wär was! Solange, bis es zu schneien beginnt und mich die Motivation wieder packt um nach draussen durch den neu gefallenen Schnee zu stapfen. Nur ich und das Knirschen des Schnees. Nicht dass es nicht auch schön wäre, im Herbstlaub ziellos rumzulaufen, doch der Schnee beruhigt mich, alles ist still und niemand ist draussen wenn’s dunkel wird. Herrlich.
 
Irgendwo habe ich mal ein Zitat gelesen, von dem ich nicht mehr weiss von wem es war oder wie genau es lautete: der Schnee begräbt die Sünden des Jahres der Menschheit unter sich. Irgendwie finde ich den Gedanken schön, auch wenn es leider nicht ganz so einfach geht. Da müsste wohl eine weitere Eiszeit kommen um all unsere „Sünden“ unter sich zu begraben. Egal wohin wir schauen, es herrscht Krieg, Hunger, Elend und die Natur wird vorsätzlich zerstört. Und warum? Weil wir zu gierig sind und unser Konsumverhalten ein grenzenloses Ausmass angenommen hat.
Gorillas werden zerhackt um sie den unterernährten und versklavten Mienenarbeitern als Bushmeat zu verkaufen, damit wir auch immer das neuste Smartphone oder Tablet haben oder wir einander tolle Diamanten an den Finger stecken können.
Orang-Utans, Elefanten und Tiger werden durch Buschfeuer aus ihrem Habitat verjagt oder geschlachtet, damit wir unsere Kinderschoggi und Kosmetika dank dem Palmöl möglichst billig bekommen.
Es herrschen Kriege nur um an gewisse Ressourcen zu kommen, die wir gar nicht in einem solchen Ausmass nötig hätten, würden wir nur etwas an unserem Konsumverhalten ändern, jeder für sich und doch für die Allgemeinheit.

Ja wir haben das Privileg, dass wir hier in der sogenannten Ersten Welt in jedem Laden alles bekommen, was wir gerade glauben zu benötigen. Nach einem schlechten Tag hurti in den nächsten Laden um ein Gadget für die Seele zu kaufen damit man sich wieder ein bitzeli besser fühlt. Ich höre so viele Menschen, sehe so viele Posts auf Facebook und lese so viele Berichte darüber, dass man doch lieber Produkte aus der Region kauft, möglichst auf bedenkliche Lebensmittel wie Soja oder Palmöl verzichtet und seine Materiellen Dinge so lange gebraucht, bis sie wirklich nicht mehr funktionieren. So viele Stimmen, die sich über das Leid dieser Welt beklagen und schreien, dass doch etwas ändern sollte. Wieso also ändert sich immer noch nichts? Was muss noch alles geschehen, damit wir endlich die Augen öffnen und begreifen, dass wir noch lange darüber diskutieren können, wen wir den nun wählen sollten, es aber überhaupt keinen Unterschied macht, da nicht die gewählten, sondern die Geldgeber dieser Welt die Welt regieren. Und je mehr wir konsumieren, umso mehr Macht geben wir ihnen. Unser Konsum legitimiert Krieg um Rohstoffe, das Zumüllen der Meere, die Verschlimmerung des künstlichen Treibhauseffektes – ich meine jetzt nicht nur das CO2, Phosphate, Nitrate und Methangase sind genau so übel –, ja ich könnte ganze Listen füllen.

Die Konsequenzen wollen wir aber nicht tragen, oder sehen. Nein wir spenden dann lieber gegen Weihnachten wieder etwas Geld für humanitäre Zwecke um unser Gewissen zu beruhigen und dann die Einkaufstüten wieder mit einem Haufen aus Rohöl, Coltan oder sonstigen raren Ressourcen bestehenden Gadgets zu füllen. Die Spenden werden dann noch zu einem grossen Teil nur für Werbung der Organisationen verwendet und landen gar nie dort wo sie hin sollten. Die meisten von uns wissen das sogar und machen es trotzdem. – Ich möchte hier aber noch anmerken, dass es auch sehr gute NGOs gibt, man muss sich halt einfach die Zeit dafür nehmen, sich zu informieren und zu schauen, wo das Geld wirklich hin geht. Hier in der Schweiz zum Beispiel gibt es sicher immer wieder Bekannte von Bekannten, die irgendwo sogar direkt im Land sind und man somit genau weiss wohin das Geld geht –.

Ja auch ich habe manchmal das Bedürfnis einfach nur etwas für mich zu kaufen, einfach nur weil es mir gefällt. Vor ein paar Jahren war ich beinahe süchtig danach, mir immer wieder etwas zu bestellen, sobald mir irgendeine Laus über die Leber gelaufen ist, doch heute überlege ich sehr lange bevor ich mir dann wirklich etwas kaufe.
Wer zum Teufel braucht denn schon wässerige Erdbeeren aus Spanien und das im Februar – mein Lieblingsbeispiel – verdammt noch mal!

Es gibt so viele Dokumentationen zu sehen, so viele Artikel zu lesen die uns sagen, was wir nicht alles besser machen könnten. Ja auch ich schlage nun etwas vor: wie wär’s denn damit, etwas weniger zu konsumieren, denn mit Freunden etwas zu unternehmen gibt einem auch viel mehr als ein neues Tablet oder Smartphone. Freunde lachen und weinen mit einem, dein zum Bersten voller Kleiderschrank nicht. Okay ich gebe zu, Schokolade macht auch glücklich, aber auch da kann man auf die Label schauen. Man zahlt vielleicht etwas mehr, aber was soll’s. Wenn jeder einzelne von uns sich vielleicht einmal mehr Gedanken dazu machen würde, ob man das begehrte Stück denn auch wirklich braucht, oder es nach einigen Wochen nur auf dem Estrich landet, könnte sich die Welt schon ein kleines Stück ändern, nur ein kleines Stück aber hey immerhin.

Wir besitzen alle die Macht, etwas zu ändern. Ein Afrikanisches Sprichwort besagt: „Wenn viele kleine Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun,können sie das Gesicht der Welt verändern.“ In meinen Augen ist es höchste Zeit, damit zu beginnen.

May the force be with you....

Donnerstag, 27. Oktober 2016

Nächster Halt: „Nimm dä huere Ellboge da wäg!“


Tagtäglich fahre ich Zug und immer wieder stellt sich mir dieselbe Frage: wer hat das Recht auf die Armlehne? Ist es der, der als erstes den Anspruch erhoben hat, gemäss der Regel „wer zuerst kommt malt zuerst…“ oder ist es etwa nach Alter oder gar nach Geschlecht geregelt?

 

Gerade erst gestern sass ich im Regio-Express von Bern nach Thun. Ja ich war die erste im Abteil und habe die Armlehne runtergeklappt und meinen Ellenbogen gemütlich darauf platziert. Gegenüber setzte sich eine freundlich reinblickende Frau hin, nachdem sie höflich gefragt hatte, ob denn hier noch frei sei. Dann kam sie, meine Ellenbogenfeindin - auch wenn ich das bei ihrem Eintreten ja noch gar nicht wusste, sonst hätte ich provokant mein Kitchener auf dem Nebensitz liegen lassen, nämlich - und fragte mein Gegenüber ob noch frei sei. Schon da dachte ich, wie unhöflich immerhin war ich zuerst im Zug da könnte die Gute doch auch mich fragen, aber ich verzieh ihr und nahm mein Kitchener auf den Schoss und legte meinen Ellenbogen wie zuvor wieder auf die Armlehne.

Sie setzte sich - vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass sie auch etwas korpulenter war und ich mich dadurch sowieso schon etwas eingeengt fühlte -, nahm ihr „Blick Am Abend“ und dann kam es. Sie drängte ihren Ellenbogen vor den meinen, ja quetschte ihn auf den vorderen Teil und versuchte, meinen Ellenbogen nach hinten zu drängen. Dabei schaute sie kritisch auf meinen Arm und dann zu mir, was ich nur im Augenwinkel sah, da ich versuchte, absolut keine Reaktion zu zeigen. Sie fand sich für kurze Zeit damit ab, dass mich nicht zu interessieren schien, dass es sie störte, den Ellenbogen nicht so auf der Armlehne platzieren zu können, wie sie das gerne gehabt hätte. Doch für mich war der Krieg um diese in dem Moment eröffnet, als sie mich kritisch ansah. Denn in meinen Augen war es klar MEINE Armlehne, denn ich war ja schliesslich zuerst da und kampflos gab ich sie nicht auf. Immer wieder rückte sie ihren wabbeligen Arm zurecht und versuchte mich so dazu zu bewegen, meinen Arm wegzuziehen, aber sie hatte sich mit der falschen angelegt. Ich fing schon an, mich zu verkrampfen, um meinen Arm genau in der Position, der ihr keinen Millimeter mehr meiner Armlehne gönnte, zu halten. Mein Oberarm begann sich immer mehr zu verkrampfen bis es mir über die Schulter in den Nacken zog, doch die Stimme in meinem Kopf drängte mich weiter, den Arm genauso positioniert zu lassen. Bei jedem Anstoss ihrerseits schrie die Stimme lauter „MEINE ARMLEHNE“, so hielt ich meinen Arm bis Thun und musste zu Hause angekommen erst einmal Lockerungsübungen machen.

 

Eigentlich ist es ja lächerlich, sich über so eine Banalität wie eine Armlehne Gedanken zu machen, und doch ertappe ich mich immer wieder bei solchen Machtspielchen um Armlehnen. In neueren Zügen gibt es gar keine Armlehne mehr, folglich kämpft man nur noch darum, seinen persönlichen Raum zu wahren und ja niemanden eindringen zu lassen. Man drängt sich mühsam gegen das Fenster, um ja den Sitznachbarn nicht berühren zu müssen. Dies erklärt auch den ewigen freien Fensterplatz in den Abteilen. Denn es gibt ja eine logische Abfolge wie man sich in einem Abteil hinsetzt. Der erste setzt sich ans Fenster – meist in Fahrtrichtung -, der zweite setzt sich gegenüber auf den Platz am Gang und der Dritte hat die Wahl, zwischen Fenster und Sitznachbar eingeklemmt zu werden oder wenigstens eine Schulter etwas freier am Gang zu haben. So gibt es bei nicht vollgestopften Zügen jeweils das Phänomen, dass ein Fensterplatz frei bleibt.

Manchmal, wenn ich meine Stimmung etwas provokant ist, quetsche ich mich absichtlich noch auf den vierten Platz, auch wenn in anderen Abteilen Platz drei noch frei währe, nur um mich dann innerlich über den schockierten Blick der bereits im Abteil sitzenden zu amüsieren.

 

Das bringt mich zu einer spannenden Idee. Vielleicht sollte ich mich einmal mit einem Zug-Designer zusammensetzten um dieses gravierende Problem für die Zukunft lösen zu können. Wie wäre es denn mit einer zweiten Armlehne? Oder noch besser: kleine Glaskabinen mit je einem Sitz? Bis es dann soweit wäre, würde ich Empfehlen, in jedem Abteil ein Schild zu montieren, auf dem steht, wer denn eigentlich das Recht auf die Armlehne hat, denn offenbar gibt es da keine allgemeingültige Regel und das macht mi scho chly schissig! J

 

Donnerstag, 20. Oktober 2016

Frauenwahnsinn durch Textnachrichten

Frauen und Männer sind ja grundsätzlich sehr verschieden. In letzter Zeit hatte ich mit einigen Freunden häufig über geschlechterspezifische Memes gelacht und meistens dem Inhalt zugestimmt.

Ja wir Frauen sind merkwürdige Wesen, die viel zu viel denken und interpretieren und subtiles Verhalten an den Tag legen. Aus Gesprächen mit Freunden ging hervor, dass dies bei den Männern allgemein bekannt ist. Da kommen wir auch gleich zu meiner Leitfrage: Wenn es den Männern bekannt ist, dass wir jedes Wort auf die Goldwaage legen und in jede Nachricht jede mögliche oder auch unmögliche Situation herausinterpretieren, ja jedes Verhalten zu deuten versuchen, wiesooooo nur drücken sie sich dann häufig nicht klar aus –in unseren Augen natürlich –, verweigern sogar die Kommunikation oder senden klar widersprüchliche Signale?
 
Das schlimmste ist ja in meinen Augen die Textnachricht – die in unserer Generation das wohl beliebteste Mittel der Kommunikation ist –, denn da wir nur Worte lesen und keine Emotionen oder stimmliche Facetten hören oder sehen, lässt dies dem Leser äusserst viel Interpretationsspielraum. Paul Watzlawick hätte seine wahre Freude daran, sein Kommunikationsmodell bei unserer Generation anzuwenden. Regelmässig beobachte ich in meinem Freundeskreis immer wieder komplett verwirrtes Verhalten, da zwei Menschen völlig aneinander vorbei simslen, besonders eben, wenn Frau und Mann kommunizieren.
 
Lange Zeit dachte ich, dass ich männliche Kommunikation eigentlich gut nachvollziehen kann, da ich mehr männliche Freunde habe als weibliche und mit Jungs aufgewachsen bin. Männer beziehen sich häufiger auf die Sach- und weniger auf Beziehungsebene, zumindest dachte ich das. Sie sagen, was sie denken, klären die Dinge knallhart und vermeiden es, unnötige, sich im Kreis drehende Konversationen zu führen., zumindest dachte ich das. Was aber, wenn das starke Geschlecht sich zu einer Sache beziehungsweise einer Situation äussert, A sagt, aber sein Verhalten dann etwas anderes impliziert? Ihr wisst haargenau was passiert: wir Frauen drehen komplett durch! Stundenlanges mit Freundinnen darüber schreiben, was das jetzt wieder sollte sowie Printscreens der Nachrichten weiterleiten um dann die Nachrichten zusammen zu interpretieren. Da steht „Hallo“, aber was könnte das nicht alles heissen. Ja wir Frauen können aus einem einzigen Wort in einer Textnachricht, ja sogar aus dem Fehlen einer Antwort, einen ganzen Dialog rauslesen, was für ein Talent! Ja auch ich mache das regelmässig, obwohl ich mich eigentlich gerne als rationalen Menschen bezeichne, dafür kann ich in solchen Situationen dann doppelt irrational sein, so ist alles wieder im Gleichgewicht. Männer machen das wohl nicht, oder es hat sich noch keiner meiner Freunde offen dazu bekannt.
 
Ja wir Frauen unterhalten uns im Allgemeinen sehr gerne über Unterhaltungen mit Männern und lachen über plumpe Äusserungen, Fragen uns gemeinsam was für eine Geschichte man in die Aussage „ja vou“ packen könnte und drängen sogar unsere männlichen Freunde dazu, uns Rat zu geben und um nachzuvollziehen, ob nur sie das genauso sehen oder ob irgendwo in der Nachricht noch ein geheimer Männercode versteckt ist. Der weiblichen Kreativität sind in solchen Fällen keine Grenzen gesetzt. Ja wir werden auch gerne wütend über Sätze wie „sorry cha grad net, bi am schaffe“, weil, hmm nunja, weil wir Frauen sind und das dürfen! Schliesslech! Ja liebe Männer ihr wisst wie es um unsere Logik steht wenn wir euch mögen oder sonst wie was am Laufen haben. Wir brauchen unsere regelmässigen Aufmerksamkeit sonst werden wir wütend und es wird uns bald zu blöd. Es ist wie mit dem Hunger, bekommen wir nicht regelmässig etwas zu essen, werden wir auch ungeniessbar. Also brauchen wir Worte aus Schoggi sozusagen, eine Schachtel Pralinen, viel Abwechslung und klebrig süss. Oder auch nur Schoggi, die hilft auch ohne Worte immer!
 
Ich habe mittlerweile bei den Jungs mal etwas nachgehakt, ob denn sie auch Kurznachrichten analysieren und sich untereinander darüber austauschen oder ob das eine reine Frauenkrankheit ist. Nun die Antwort darauf war recht simpel. Männer – oder zumindest die die ich befragt habe – interpretieren nur bedingt und häufig wird es ihnen zu anstrengend, wenn wir Frauen uns etwas kryptisch ausdrücken, was dann auch dazu führt, dass sie dann einfach nicht zurückschreiben, weil sie nicht verstehen, was genau jetzt eigentlich der Inhalt der Nachricht war. Dies wiederum führt ja dazu, dass wir verunsichert sind, denn er schreibt ja nicht und dann aus Prinzip herausfinden: „i schribe itz halt o net, wöu er schribt ja o net“. Et voilà Schluss und aus ist es... Über Frauen unterhalten sich Männer untereinander meist auch nur oberflächlich und diskutieren nicht stundenlang darüber wie wir Frauen – oder zumindest die nicht, die ich befragt habe -.
Die bei weitem beste Antwort, die ich erhalten habe war, dass er einfach nachfragt, wenn er nicht weiss, was gemeint ist. Ist das nicht eine simple Lösung! Wieso fragen wir nicht einfach? Wieso legen wir nicht einfach mal das Handy zur Seite, stellen uns voreinander auf und reden. Es ist so angenehm sich hinter einer Textnachricht zu verstecken, denn man hat nicht eine direkte Reaktion, die kommt erst verzögert und irgendwie kann man sich ja dann immer noch herausreden, wenn das Ergebnis nicht das war, was man wollte. Ich denke, dass es in der Zeit der Handys grundsätzlich schwierig ist, jemanden kennenzulernen oder normal zu kommunizieren, denn man lebt so sehr in dieser Isolationswelt der Selbstdarstellung, der Selfies und WhatsApp, das es nicht mehr zu einer zufälligen Begegnung und einem spontanen vor der Tür stehen und klingeln kommt. Man schreibt sich tagtäglich Nachrichten und wenn man sich dann einmal trifft, hat man sich nichts mehr zu sagen, da ja alles schon getextet wurde.

Eine Generation von verwirrten Köpfen im Dauerstress der Erreichbarkeit, zusammen allein. Vielleicht wäre es sinnvoll, das Handy wegzulegen, sich zu unterhalten, einen Brief zu schreiben oder ein Lied vorzusingen– sofern man nicht klingt wie eine Nebelkrähe mit Chiischteri –. Wir Frauen und Männer ticken nämlich nicht so verschieden wie wir das häufig denken, stellen uns aber selber Barrieren vor die Nase. Kommunikationsbarrieren. Ich für meinen Teil, versuche mich zu bessern und nicht immer alles interpretieren zu wollen, sondern die Situation so nehmen wie sie sich ergibt und halt lieber einmal mehr persönlich fragen, wenn ich etwas nicht verstehe. Wie lange dies klappt, ist eine andere Geschichte; wahrscheinlich bis zur nächsten knappen Textnachricht bahahaha.

Donnerstag, 13. Oktober 2016

Wohnungssuche du Arschloch!


Die meisten haben das bestimmt auch schon mal erlebt. Hey ich muss/will/sollte umziehen. Tage- ja sogar Wochenlang – scheisse in meinem Fall schon Monatelang – surft man beinahe tagtäglich auf allen bekannten Immobilienforen rum, auch auf Seiten der Immobilienmakler in der Gegend und blättert jede Woche einmal durch den Anzeiger. Man sieht viele Wohnungen und ist begeistert, leider nur solange man den Preis noch nicht entdeckt hat. Dann klickt man das Inserat weg und sucht weiter. Denn wenn man keinen Mitbewohner hat oder will, reicht das Geld nicht – vor allem bei Studenten jeder Art, die sich das Leben selber verdienen müssen – eine solche Wohnung auch nur anschauen zu gehen. Hui da ein Studio! Hmm 900 Franken, dann ist es sicher wenigstens etwas grösser als ein Zimmer. Ja genau so dachte ich. Doch dann betrat ich das Zimmer mit der Vermieterin. Ok ich gebe zu, das Studio befindet sich in der Thuner Altstadt und hat einen Blick auf die Aare was ja schon ganz nett ist, aber wo zum Teufel soll ich meine Kleider hin verfrachten, wenn knapp mein 160 cm Bett und ein kleiner Tisch Platz hat!?! Geschweige denn mein Geschirr? Okey ich für mich komme schon mit einem Teller, einem Glas und einer Tasse aus aber ich koche zu gerne um nur eine Pfanne zu besitzen, und diese dann auch noch unter dem Bett aufzubewahren.


Wie dem auch sei, viele, viel zu überteuerte Wohnungen – oder wie meine Mutter sagen würde „es Chrutzli“ – später, ging ich auf WG-Zimmer suche, konnte mich aber entweder mit den Leuten oder dem Zimmer nicht identifizieren (zu viele Ansprüche…), oder es war schon weg. Ein cooles Zimmer, super nette Jungs, doch wie ich es auch in meinem Kopf versuche einzurichten, so ist das Zimmer einfach zu klein; das Bett geht noch rein, aber wie ich meine Kleider verstauen soll konnte ich nicht sehen. Immer wieder hab ich meine Möbel angeschaut und versucht eine Lösung zu finden, denn die Wohnung und die Jungs waren wirklich klasse! Weitersuchen ist angesagt.


Vielleicht sollte ich hier noch anmerken, dass ich meine jetzige Wohnung – die ebenfalls überteuert ist und ich mir wegen dem Studium nicht mehr leisten kann – bereits gekündigt habe und langsam aber sicher in Zeitnot komme, da ich noch miteinberechne, dass ich meine Wohnung ja noch putzen und eventuell streichen muss. Ach ja packen wäre da ja auch noch. So viele Dinge und so wenig Zeit, und vor allen Dingen: keine Wohnung!

Mit dem metaphorischen Messer an der Kehle, aus Angst bald unter der Brücke schlaffen zu müssen, suche ich weiter. Ja mittlerweile bin ich bei den Wohnwagen angelangt, finde aber dann kein Platz um diesen in ÖV-Nähe aufzubauen ohne eine Busse zu riskieren. Bauwagen wäre cool, doch die Zeit fehlt einen umzubauen und auch hier wieder die Frage, wo stelle ich ihn hin. Auf dem Nachhauseweg schaue ich regelmässig, ob es bei den Brücken irgendwo vielleicht ein windstilles Plätzchen hat. Eine glänzende Idee hatte ich auch schon: auf der Arbeit haben wir einen Sanitätsraum und eine Dusche, an der Fachhochschule Nordwestschweiz gibt es tatsächlich einen Raum der Stille und Duschen hat es auch irgendwo, das wäre doch eigentlich optimal und ich würde eine Menge Geld sparen.


Mittlerweile weiss wohl halb Thun von meiner Suche nach einer Wohnung, denn ich bin der Hoffnung, dass je mehr Leute es wissen, desto eher kommt auf einmal die rettende Wohnung. Durch mein ewiges jammern wegen der Wohnung, habe ich von einigen Freunden dankbarerweise schon Notlösungsangebote und -vorschläge erhalten, was das Messer einige Zentimeter weiter von meiner Kehle fern hält. In solchen Momenten bin ich echt dankbar, dass ich die absolut besten Freunde habe, die man sich vorstellen kann.

Ständig frage ich mich nun, wieso denn diese Wohnungen so dermassen teuer sind, denn ich kenne nicht viele Grossverdiener und die die ich kenne, nehmen dann lieber gleich eine grössere Wohnung – man kann es sich ja immerhin auch leisten und hat es sich verdient -. Der Referenzzinssatz ist so tief wie noch nie, doch die Mieten scheinen so hoch wie noch nie. Bilde ich mir das nur ein? Ja klar, alles sonst wird teurer und die Vermieter müssen ja ihre Brötchen auch verdienen, doch das müssen die Mieter ja auch und dank den Mieten gibt’s dann eine Woche lang altes Brot, oder man sucht die Küchenschränkchen nach Teigwaren ab. Alle preisen sie ihre neu renovierten Superwohnungen an, aber hei wie wär’s mal mit einer nicht renovierten, bezahlbaren Wohnung? Mir wäre sogar Scheissegal, wenn ich selber Heizen müsste, solange ich mich noch etwas bewegen kann in meinen vier Wänden. Da hat man ja in einer Gefängniszelle beinahe noch mehr Platz, und ratet Mal, da müsste ich nichts zahlen, das würdet Ihr dann übernehmen. Sorry für diesen schlechten Vergleich aber es ärgert mich schaurig und ich denke, dass ich mit dieser Erfahrung nicht alleine dastehe!


Etwas positives hat das ganze natürlich: erstens ist meine Kreativität betreffend der Thematik wo ich alles wohnen könnte auf dem Höhepunkt – apropos Höhepunkt, Baumhäuser scheinen auch sehr beliebt zu sein – und zweitens merke ich wieder einmal, wie schön es ist, Freunde zu haben, die dich mit witzigen Lösungsvorschlägen und tatsächlichen Hilfeangeboten unterstützen. Danke dafür!

Donnerstag, 6. Oktober 2016

Von Bier, Sex und warum nie mehr sein wird...


In letzter Zeit habe ich das Gefühl, immer wieder dieselbe Unterhaltung zu hören. Sei es im Zug im Abteil nebenan oder in der Diskussion mit Freunden, alle, egal ob Männlein oder Weiblein, scheinen ein ähnliches Problem zu haben. Man lernt jemanden kennen, unternimmt zwischendurch etwas zusammen und am Ende klappt’s dann trotzdem nicht aber niemand weiss was schief gelaufen ist.

Vielleicht liegt das Problem schon beim Kennenlernen selbst. Aus Songs, Filmen und Serien hat man die Vorstellung, dass man einfach in jemanden reinläuft, sich die Blicke treffen und ein Feuerwerk explodiert, dies entspricht jedoch sehr selten der Realität. Sich begegnen und kennenlernen kann man sich ja eigentlich überall, ich beschränke mich jedoch auf die zwei am meisten erwähnten Situationen.

Man ist mit seinen Freunden unterwegs und sieht von weitem jemanden der gefällt – üüü läck dä isch no guet… - und weil man den Mut nicht hat ihn direkt anzusprechen, bestellt man doch dann lieber noch ein Bierchen für die Nerven. Irgendwann denkt man sich dann: „so itz aber!“, geht hin und fängt mit einer belanglosen Floskel ein Gespräch an. Man ist sich sympathisch und tauscht vielleicht die Telefonnummern aus – ja wenns gut läuft sogar etwas Speichel beim verabschieden – und schreibt sich dann während ein, zwei Wochen den Daumen lahm. Es ist neu und spannend doch nach einiger Zeit gehen einem die Themen aus. Hm worüber könnte man noch schreiben, wenn der Smalltalk langsam zu langweilig wird. Und für ein Treffen waren immer noch beide zu beschäftigt – oder zu ängstlich? Man trifft sich dann endlich doch noch – am liebsten an einem öffentlichen Ort, denn ein Spaziergang im Wald könnte ja in einem Kettensägen-Massaker enden - und weil man dann doch ganz aufgeregt ist, brabbelt man während des ganzen „Dates“ nur belanglosen Stuss. Vielleicht folgen noch einige Dates, doch früher oder später landet man in der Horizontalen und vernuschet das Bett regelmässig zusammen.

Das wäre die etwas langsamere Vorgehensweise. Häufiger erwähnt wurde aber die Situation, dass man mit seinen Freunden unterwegs ist, und sich den Mut mit diversen Bieren und je nach dem noch einigen Shots antrinkt, das Gegenüber genauso blau ist wie Papa Schlumpf und man sich nach einem fünfminütigen Gelalle, bei dem sich beide wegen der zu lauten Musik sowieso nicht verstehen, schon heftigst die Zunge in den Hals steckt. Nach der letzten Runde torkelt man eng umschlungen und sich betatschend aus dem Lokal raus und es folgt die ultimativ abgedroschen Frage: „…ssuu mir - hicks - oder ssuu dir?“, was  keine gute Grundvoraussetzung für eine romantische Beziehung sein kann, oder?
Am nächsten Morgen folgt dann ein peinliches Kleidersuchen mit übelsten Kopfschmerzen. Die Anziehung ist im Besten Fall nach wie vor da und man beginnt damit, sich regelmässig zu schreiben und zägg, auch hier landet man regelmässig wieder zusammen in der Kiste.
Aber was nun? Wie lässt sich das definieren? Friends with benefits? Oder ist da doch mehr? Mittel zum Zweck? So viele Fragen und so wenig Antworten. Man getraut sich nicht, diese Fragen anzustellen, da wir ja eine Generation der Beziehungsunfähigkeit sind – abgestempelt durch psychologische Studien und Medienbeiträge -.
Man geht raus um jemanden zu finden, will sich jedoch nicht einschränken und von jedem Baum ein Früchtchen kosten. Sich nicht einschränken müssen, keine Verpflichtung eingehen, doch trotzdem nicht alleine sein. So schweigt man sich weiterhin an, bis man sich gegenseitig zu Langweilig wird und den Kreislauf wieder von vorne beginnt, halt nur mit einem neuen „Match“.

Sind wir einfach zu sehr mit uns selber beschäftigt um uns überhaupt auf jemanden richtig einlassen zu können oder haben wir nur Angst? Sind wir zu egoistisch und zu sehr in unserer Isolationswelt gefangen?

Man denkt zwischendurch wieder einmal: „das passt jetzt aber, da stimmt einfach alles!“ doch dabei vergisst man, dies vielleicht auch zu kommunizieren. Fehlende oder unzureichende Kommunikation ist meiner Meinung nach sowieso eines der Grundprobleme die zu diesem Friends-With-Benefits-Phänomen führen. Obwohl man sich gegenseitig physisch immer wieder nackt gegenübersteht, ist es für die meisten doch schwieriger, sich emotional auszuziehen und zu sagen was man will und was man braucht. Man sagt nur das, wovon man das Gefühl hat, das es das Gegenüber hören will und nicht, was man sagen möchte. Dies führt dazu, dass beide zwar dasselbe sagen, beide aber etwas anderes wollen. Ebenfalls häufig gehört habe ich, dass widersprüchliche Signale gesendete werden. Zum Beispiel wird jedes Mal wenn man sich sieht aufs heftigste geflirtet und geknutscht etc., aber auf ein simples SMS mit der Frage nach dem Befinden wird schlichtweg nie geantwortet. Ein Spiel namens „Heiss-Kalt“, das nur zu Frustration und Verwirrung führt. Niemand weiss mehr was er will.

Unabhängig sein, seine Möglichkeiten ausschöpfen, keine Kompromisse eingehen, keine Rücksicht nehmen müssen und trotzdem nicht alleine einschlafen müssen. Keine Erwartungen erfüllen müssen, doch Erwartungen stellen. Arschloch sein, aber als solches akzeptiert werden.

Ein ewiges sich im Kreis drehen um Gedanken und Erwartungs-Erwartungen, finden und gefunden werden, triviale Romantik versus rationales Denken, Einsamkeit und Zweisamkeit. Gefangen in der Isolation seines eigenen Denkens ohne sie zu durchbrechen und so verabschiedet man sich wieder voneinander und trauert einer verpassten Chance nach bis zum nächsten Mal…

Donnerstag, 29. September 2016

Genuss und Konsum im ÖV


Ich erinnere mich noch gut an meine Jugendzeit, in der man noch Raucherabteile im Zug hatte. Besonders unterhaltsam waren diese, wenn einige Kiffer alles dafür gegeben haben, das Abteil mit so viel Rauch zu füllen, dass man gar nichts mehr sah und nur noch das Lachflash der anderen hörte.
Schon als Kind reisten wir häufig im Raucher, denn meine Mutter sowie meine Tante, mit denen ich gelegentlich im Zug reiste, waren damals passionierte Raucher. Der Gestank der Kleider war immer etwas, das mich grüsselte. Heute gibt es jedoch manchmal Zeiten, in denen ich das Raucherabteil vermisse. Man steigt nach der Arbeit hungrig in den Zug ein und der Typ gegenüber vertilgt einen Dürüm mit extra viel Zwiebeln, dahinter chräschlets in einer McDoof Tüte und die Dame am Ende des Abteils riecht wie eine Parfümerie. Das duftgemisch führt manchmal beinahe zu Übelkeit. Im Raucher roch man nichts – ausser natürlich den Rauch –.
Bereits morgens in der Früh habe ich das Glück, dass manchmal ein torkelnder Alki mit seiner Hülse sich den Platz neben mir aussucht - ob Frau oder Mann spielt an der Stelle keine Rolle, sie setzten sich einfach nur gerne neben mich - um mit mir ein Gespräch zu starten. Schon die Bierfahne haut mich fast vom Hocker und ich bemühe mich, so unauffällig wie möglich meine Kopfhörer in meine Ohrmuscheln zu stossen und stelle mich schlafend, bei dem Duft geh ich sowieso fast K.O..
Viele Düfte und Konsum verschiedener Genuss- und Suchtmittel die sich in so einem Zügli versammeln. Die härte erlebte ich jedoch diese Woche, als einige meiner Mitstudenten/innen und ich den Zug in Brugg betraten. Wir gingen die Treppe hoch und hörten laut Musik. Der Typ, der die Musik abspielte – noch über einen Diskman, was in mir eine fröhliche Melancholie auslöste – fragte, ob uns die Musik störe und da es echt gute Musik war, haben wir alle einstimmig verneint. Meine Kollegin und ich öffneten unser Bierli (wenn wir schon beim Konsum sind) und wir begannen uns zu unterhalten. Auf einmal sah ich im Augenwinkel eine kleine Rauchwolke über dem Abteil des Diskman-Anhängers und ein Mitstudent drehte sich, da er in dessen Abteil blicken konnte.
Zuerst dachte ich, der raucht oder kifft, doch riechen konnte ich nichts. Mein Mitstudent hielt sich das Tshirt vor die Nase und sagte: „macht das passiv high?“. Ich fragte natürlich ob es denn ein Joint sei oder was und nur so: „isch irgend öppis ire Alufolie“.
Wooow im Zug Crack rauchen, das hab ich echt noch nie gesehen. Nun ja, andere im Abteil blickten zu uns und suchten unser Gespräch. Wir lachten etwas irritiert über die Situation und amüsierten uns, der Herr sagte nur, dass er grad fertig sei. Na dann ist ja alles OK...
Dann kam das Geräusch… schniiiiiiiiiiiiifffffffffffffffff… ich blickte rüber und nun war er dabei sich was in die Nase zu ziehen. Eh ja wemes brucht! Alle die dies mitbekommen haben waren nun am diskutieren – natürlich haben sie alle gchüschelet, nicht damit er es noch hört -, ob das denn wirklich sein Ernst sei. In Aarau stieg er aus, schade für die Musik aber vielleicht besser für die verwirrten Zugfahrer. Aber ein Kompliment muss ich dem Herrn dann doch machen, abgesehen davon, dass er einen echt guten Musikgeschmack hatte, war sein Platz tiptop sauber, keine Spuren von Folie oder Pulver oder sonst was, weder auf dem Sitz noch auf dem kleinen Tischli. Wahrscheinlich war er so wired, dass er jedes noch so kleine Stäubchen gesehen und weggeschnieft hat, das würde auch das energetische Schniefen erklären, dass an einen Dyson-Staubsauger erinnerte. Ich freue mich jedoch nun noch mehr, dass ich jeden Tag pendeln kann, ja sogar 2x die Woche bis Brugg (1½ Stunden), denn so skurrile Erlebnisse begeistern mich immer wieder aufs Neue!

Montag, 26. September 2016

Pendeln macht Laune, nur manchmal nicht gute



 Für viele Menschen ist tägliches Zugfahren der absolute Horror, ich persönlich finde es grundsätzlich sehr angenehm. Am Morgen habe ich noch Zeit, langsam zu erwachen und Abend kann ich runterfahren und zum Fenster raus träumen.
Ebenso ergeben sich immer wieder lustige Situationen, die mich durch den ganzen Tag begleiten.
Trotz allem gibt es manche Dinge, die anderen Pendler tun oder eben auch nicht, die in meinem Inneren immer eine leichte Enerviertheit hervorbringen. Dies beginnt dann auch schon auf dem Weg zum Bahnhof.
Um auf das Perron zu gelangen, geht man in Thun die Treppe runter und dann am entsprechenden Ort wieder hoch. Dazwischen befindet sich der Brezel-König, bei dem viele morgens ihren Kaffee kaufen. Am liebsten stehen dann alle gleichzeitig in einer Reihe vor dem Tresen, natürlich gleich so, dass die, die die Treppe runter kommen sich an der Wand entlang neben den Anstehenden durchquetschen müssen – einer nach dem anderen -. Immer wieder frage ich mich in diesem Moment: „wieso?“. Wäre es denn zu viel verlangt, sich so anzustellen, dass man noch vorbei kommt? Ich erkläre mir die Situation dann einfach damit, dass das Denkvermögen, besonders das räumliche Denken, morgens wohl noch extrem eingeschränkt ist und gehe weiter. Auf dem Perron angekommen setze ich mich gerne mit meinem Kaffee auf die Bank. Also laufe ich zielstrebig auf diese zu, wo auch schon mehrere Leute davor stehen. Nein, lasst nur, eine Bank ist schon primär dazu da, sich davor hinzustellen, dass niemand sitzen kann. Na gut ich bin ja noch jung und kann stehen, denke jedoch, dass wenn jemand älteres vorbeikommen würde, ich am Rande einen giftigen Kommentar fallen lassen könnte, damit wenigstens sie sich setzen könnte.
„Gleis 2, Einfahrt des InterRegio nach Bern …“. Alle stellen sich an den Rand des Perrons und warten, dass der Zug stillt hält. Die Tür öffnet sich und davor bildet sich ein Trichter, der knapp einen Menschen nach dem anderen aussteigen lässt. Alle drängen sich von hinten immer näher auf den Eingang zu, die, die Aussteigen möchten, zwängen sich genervt durch die Hohle Gasse und ich werde praktisch in den Zug gestossen. Immer wieder denke ich, dass doch das Einsteigen viel schneller gehen würde, wenn man den Menschen auch genügend Platz geben würde um auszusteigen, denn es könnten wirklich 2 gleichzeitig aussteigen, durch den Trichter der spalierstehenden Pendler verzögert sich das ganze jedoch. Das waren wohl alles solche, die sich während der Schulzeit immer wieder gefragt haben, warum man Mathe macht, denn das braucht man ja niiiieee mehr im Leben. „Dubbel! Genau hie wär e alltäglechi mathematischi Ufgab wo ds Läbe würd erliechtere aber neeei mach wyter d Ouge zue!“
Das gleiche folgt dann auch gleich in Bern wieder. Aussteigen ist jeden Morgen eine Challenge, da einem überall und von jedem gerne mal der Weg versperrt wird. Am liebsten sind mir dann noch die, die gemeinsam quatschend aussteigen, und direkt vor der Tür halt machen um sich zu verabschieden, so dass dann auch gleich ein Rückstau entsteht. Dazu kommt dann noch, dass die, die einsteigen möchten nun noch von der Seite drücken. Jeder Klaustrophobiker hat dann schon am frühen Morgen die erste Panikattacke.
Um möglichst schnell aus dem Wirrwarr zu kommen, nehme ich auch gleich die Rolltreppe, denn auf der linken Seite kann man ja hochlaufen und ist schneller oben; so zumindest wäre es mathematisch gedacht, wären da nicht diese begriffsstutzigen Idioten, die sich auf der ganzen Rolltreppe breit machen und den eiligen unter uns den Weg verbarrikadieren.
„Denen zeig ichs“, denke ich dann jeweils. „exgüse, chönnti äch düre?“ frage ich dann in provokativer Tonlage! „Ou ja tschuldigung…“. Dem hab ichs gezeigt! Würde er sich an die Regeln halten hätte er sich nicht bei mir entschuldigen müssen, nämlech!
Das Problem mit der Rolltreppen-Regelung ist ja in der Schweiz doch allen bekannt. Da gibt es die verfechter, die behaupten, dass die Rolltreppe für solche Menschen ist, die eben nicht laufen können oder mögen, für die die laufen hat es ja eine normale Treppe. Wir, die die Rollteppe hochschreiten, sagen dazu jedoch, dass die die nicht laufen können oder mögen ja eigentlich auch direkt den Lift nehmen könnten, denn ich gehe die Rolltreppe hoch, um Zeit einzusparen. Nun ja ein ewiges Streitgespräch an jedem Schweizer Bahnhof, komischerweise haltet sich im Urlaub jeder dieser Menschen, die sonst ihren „I-sta-woni-wott“-Standpunkt vertreten, an die rechts stehen, links gehen Regel.
Der Weg zum Bahnhof bzw. auf das Perron gestaltet sich am Abend nach der Arbeit dann doch etwas leichter, da jeder so schnell wie möglich nach Hause will. Einige Menschen warten auch schon auf den Zug, doch viele sind es nicht. Ich stelle mich zum Warten hin, rundherum meeega viel Platz und zägg, stellt sich ein anderer Pendler direkt vor mich hin. Leicht irritiert blicke ich seinen Rücken an. Es hat noch sooo viel Platz, wieso, ja wieso nur stellt sich dieser Typ direkt vor mich hin? Hat der noch nie etwas von der gesellschaftlichen Distanzzone gehört. Ich gehe einen Schritt zur Seite um mich wieder wohler zu fühlen, er macht es mir nach, in dieselbe Richtung wie ich. „WTF???!!“. Das scheiss Perron ist noch leer, kann der sich nicht woanders hinstellen? Mein sturer Kopf will aber nicht nachgeben, ich verlassen meinen Platz nicht, immerhin bin ich zuerst hier gestanden. Ich stemme meine Arme in die Seite und spanne an, so dass meine Ellenbogen stramm zur Seite gerichtet sind. Ich bewege mich etwas in die Richtung dieses mühsamen Mitmenschens und remple ihn etwas an. Nur ganz leicht, um zu zeigen, hey hier steht imfall noch jemand! Nichts, keine Reaktion. Hmm was nun? Ich überlege mir einen Hustenanfall vorzutäuschen, wo ich wild mit meinem Armen fuchtle und ihm dummerweise eine reinhaue. Nein das ist zu auffällig. Ich komme auf die unschlagbarste Idee: Ich nehme meine Wasserflasche zur Hand, leere Wasser über meine Finger und imitieren einen lauten Nieser und spritze dem Herrn vor mir Wasser in den Nacken. „Entschuldigung…“, sage ich mit der zuckersüssesten Stimme, die ich, das Lachen verkneifend, rausbringe. Angewidert blickt er mich an und rückt langsam ab.
Der Zug kommt und ich steige grinsend ein.